Karmapunkte vor dem Amtsgericht

Ich hatte es mal wieder eilig. Auf den letzten Drücker erreiche ich das Amtsgericht – der Termin ruft, das Adrenalin steigt. Ich ergattere tatsächlich einen Parkplatz direkt davor. Ein Wunder! Doch dann der Klassiker: Parkscheinautomat nimmt nur Münzen, natürlich habe ich keine dabei. Kartenzahlung? Fehlanzeige. Ich überlege hektisch, wen ich ansprechen könnte. Da kommt ein junger Mann auf mich zu – Jogginganzug, Tüten vom Bäcker in der Hand, offenbar gerade auf dem Weg nach Hause. Ich frage ihn freundlich, ob er vielleicht einen Fünfeuroschein wechseln könne. Er lächelt entschuldigend: „Ich hab nur zwei Euro – aber die schenke ich Ihnen gern.“ Ich zögere, will ablehnen – aber er besteht darauf. „Nimm es als gute Gabe.“ Das waren seine Worte. Nichts Großes, kein Pathos, einfach freundlich. Er dreht sich um und eilt weiter – vermutlich wartet daheim eine hungrige Familie auf frische Brötchen. Ich bin berührt. Von der kleinen Geste. Vom Vertrauen. Ich bedanke mich herzlich – nicht nur mit Worten, sondern mit einem inneren Versprechen: Ich werde das wieder gut machen. Nicht bei ihm – sondern bei jemand anderem, der meine Hilfe braucht. Und so wandert sein Beitrag nicht nur in meinen Parkautomaten, sondern auch auf mein inneres Karmakonto – mit dem festen Vorsatz, die Punkte weiterzugeben. Vielleicht an eine ältere Dame mit schwerem Koffer, ein Kind mit verlorener Fahrkarte oder einen gestressten Autofahrer ohne Münzen. Manchmal ist es nicht die große Moral, die bleibt – sondern eine kleine, freundliche Geste: Wertschätzende Kommunikation hilft weiter!

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