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Fristen überlisten! – Vom Versuch, der Zeit ein Schnippchen zu schlagen:

Wir Mediatoren sind Meister der Deeskalation. Aber es gibt einen Gegner, den auch wir nur schwer zähmen können: die Frist. Während andere sich vielleicht nur mit der Steuererklärung oder dem TÜV herumschlagen, jonglieren wir mit einem ganzen Deadline-Zirkus: Dokumentationen, die bitte „zeitnah“ abgelegt sein sollen, Fortbildungsnachweise, die das Zertifizierungsregime verlangt, Termine, die wir auf die Minute takten müssen – inklusive Puffer für Emotionen, Tränen, Kaffee und überraschende Wendungen. Und manchmal … das muss aber unter uns bleiben - überlisten wir die Fristen Nicht ganz, aber ein bisschen. Ein Fristverlängerungsantrag beim Finanzamt? Nur logisch – wir waren ja busy, Frieden zu stiften. Ein vermeintlich voller Kalender, obwohl wir heimlich ein paar Stunden Luft zum Atmen lassen? Na gut, vielleicht nur eine halbe Stunde … für echten Kaffee. Und Nerven. Und ja, auch wir von der Konfliktbaustelle verhandeln mit uns selbst , wenn die Verpflichtungen mal l...

Vandalismus im Parkhaus – Molly oder Mietze?

Kurzmediation am Telefon, Dienstagvormittag. Eine aufgebrachte Stimme meldet sich: „Das war die Katze! Die hat das Autodach zerkratzt! Mein Lack! Die Keramikversiegelung! 800 Euro! Und jetzt will der mir nicht mal sagen, wo er versichert ist?!“ Die Anruferin, Eigentümerin eines offenbar sehr gepflegten SUV mit spiegelglattem Dach, hat den Schuldigen schnell ausgemacht: eine der Katzen des neu zugezogenen Nachbarn. Freigänger, Streunerin, Tiger auf Samtpfoten – wie man’s nennt, ist Geschmackssache. Doch was sagt das Recht dazu? Die Fakten (aus Sicht der Anruferin) Auto in der Tiefgarage stand wie immer auf dem Stellplatz. Frische Kratzspuren auf dem Dach – sichtbar, fühlbar, entsetzlich. Zeugin (Nachbarin von gegenüber) habe gesehen: „Die Katze ist aufs Auto gesprungen!“ Die neue Keramikbeschichtung: teuer, hochwertig, leider hinüber. Der Nachbar: uneinsichtig und verweigert die Herausgabe seiner Versicherung. Die rechtliche Baustelle 1. Tierhalterhaftung ...

Die Spinne an der Wand Ein Drama in 5 Akten, einem Schrei und einem moralischen Dilemma

1. Akt: Das Kreischen Es ist die erste Nacht im Ferienhaus. Die Wände rustikal, der Boden knarzt charmant – doch dann, aus dem Schlafzimmer, ein markerschütterndes „AAAAAHH!“ Der Mann – nennen wir ihn Knut – fährt hoch, springt aus dem Sofa auf wie ein Ritter aus dem Schlossturm, nur mit Boxershorts bewaffnet. Er stürmt zur Tür und sieht sie sofort: Die Spinne. Groß. Fett. Eher ein Kleintier als ein Insekt. An der Wand, direkt über dem Kopfkissen. 2. Akt: Schulz von Thun lässt grüßen Knuts Blick geht zur Wand, dann zur Partnerin. Er hört den Schrei mit all seinen vier Ohren: Sachebene: Es ist eine riesige Spinne. Selbstoffenbarung: Ich bin entsetzt, ekle mich und brauche Hilfe. Beziehungsebene: Du bist der Starke. Ich verlasse mich auf dich. Appell: Tu was! Und zwar JETZT! Knut interpretiert korrekt: „Die Spinne muss weg.“ Aber – kleines Problem: Knut hat selbst Angst vor Spinnen. Nicht dramatisch, aber... sagen wir, unangenehm groß. 3. Akt: Der stille in...

„Und dann hat er gesagt…!“ – Wie Kommunikation eskaliert und wie wir sie retten können!

Szene einer Beziehung: Sie: „Wenn du heute Abend wieder zu spät kommst, kannst du gleich draußen schlafen!“ Er: „Wenn ich nach Hause komme, muss ich mich doch eh wieder rechtfertigen – dann bleib ich lieber weg!“ Was klingt wie ein Ausschnitt aus dem Drehbuch eines Rosenkriegs, ist Alltag in vielen Beziehungen – nicht nur in Liebesbeziehungen, sondern auch im Berufsleben, in der Familie, unter Freunden. Emotionen kochen hoch, Vorwürfe fliegen durch die Luft – und der eigentliche Schmerz dahinter bleibt unerkannt. Wertschätzende Kommunikation – gerade dann ist sie wichtig, wenn’s schwierig wird: Marshall B. Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation (GFK), hat es auf den Punkt gebracht: „Gewaltfreie Kommunikation bedeutet, mit anderen so in Kontakt zu treten, dass gegenseitiges Geben aus dem Herzen möglich ist.“ Gerade in der Krise, wenn wir verletzt sind, enttäuscht, wütend – da braucht es Struktur und Haltung, um nicht nur zu explodieren, sondern wirklich gehört...

Grüß Gott, oder was guggst Du?

Der Gruß. Zwei Silben, ein Lächeln, ein Hauch von Menschlichkeit – und manchmal: ein Kommunikationsfiasko. Als kleiner Junge hatte ich von meinen Eltern eine klare Regel mitbekommen: „Wenn du jemanden triffst, dann grüß freundlich.“ Ein einfacher Satz – voll kindlicher Begeisterung in die Praxis umgesetzt. Auf dem Fahrrad, auf dem Gehweg, im Treppenhaus. Ich habe gegrüßt, was das Zeug hielt. Die Reaktion? Nun ja: zunächst Verwirrung, dann zunehmend Funkstille. Die meisten Erwachsenen reagierten nicht – nicht mit einem Lächeln, nicht mit einem Nicken, nicht einmal mit einem Blick. Offenbar hatte ich in einer Gegend gegrüßt, in der freundliche kleine Jungen entweder selten oder verdächtig waren. Ich erinnere mich an das Gefühl, als ich das Grüßen dann irgendwann aufgab: eine Art kindlicher Abschied vom Ideal, dass Freundlichkeit automatisch auf Gegenseitigkeit trifft. Ein kleines Stück Enttäuschung – so leise, dass es fast unterging. Fast. Denn Jahre später – irgendwo zwischen Semi...

Konfliktbaustelle im Kopf – Das lange Pfingstwochenende und der innere Zwiespalt

Pfingsten steht vor der Tür. Drei freie Tage. Ein bisschen Luxus-Zeit. Ein bisschen „endlich mal“. Und schon beginnt der innere Schlagabtausch: Team Pflichtgefühl flüstert: „Du solltest endlich mal die Fenster putzen, Mails abarbeiten, Akten erledigen, die du seit März vor dir herschiebst.“ Team Komfort ruft: „Ach, lass gut sein. Netflix, Snacks, und mal drei Tage so tun, als ob es keine Welt da draußen gibt.“ Und dann gibt es noch diesen zarten dritten Impuls, oft überhört, aber eigentlich ziemlich klug: „Wie wäre es, wenn du mal was für dich machst? Wirklich für dich.“ Warum ist dieser innere Konflikt so hartnäckig? Weil wir zwischen Erwartung, Gewohnheit und Sehnsucht hin- und hergerissen sind: Das Pflichtgefühl macht Druck. Die Bequemlichkeit will entlasten. Die eigene Stimme will gehört werden – aber ist oft die leiseste. Das Ergebnis? Ein Wochenende zwischen To-do-Listen und Routinetätigkeiten, an dessen Ende ein unangenehm vertrauter Gedanke lauert: ...

Konfliktbaustelle: Das beste Lob kommt ohne Applaus

Oder: Wenn nach der Mediation der Wunsch nach mehr Konflikten aufkommt Siggi hat am Telefon wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Ein Konflikt in einem Unternehmen, festgefahren, gereizt, klebrig wie Karamell auf der Tastatur. Die Erwartungen? Verhalten. Die Ausgangslage? Verhärtet. Die Beteiligten? Müde vom Thema. Aber: Siggi macht’s kurz. Menschlich. Klar. Mit einem Ohr für Zwischentöne und einem Gespür für Knoten, die nicht zerschnitten, sondern gelöst werden wollen. Am Ende der Leitung seufzt eine Stimme, freundlich und ein kleines bisschen enttäuscht: „Schade. Leider haben wir jetzt hier nur den einen Konflikt. Und der ist ja jetzt aufgelöst.“ 💥 Bämm. Kein Applaus. Keine Urkunde. Keine LinkedIn-Empfehlung. Aber: Das beste Lob, das man bekommen kann. 🧠 Warum ist das so großartig? Weil es zeigt, was gute Konfliktarbeit leisten kann – und was sie nicht mehr braucht, wenn sie wirkt: Keine Show. Kein Drama. Kein langes Nacharbeiten. Einfach: Lösung – erled...