Allein unter Menschen – Die stille Katastrophe der Kommunikation

Früher sagte man: „Einsamkeit ist, wenn niemand an dich denkt.“ Heute heißt es: „Einsamkeit ist, wenn du in der Gruppen-WhatsApp bist – aber keiner auf deine Katze-mit-Sonnenbrille-Reels reagiert.“ Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat nun ganz offiziell festgestellt: Deutschland hat ein Einsamkeitsproblem. Das glaubst Du nicht? Dann google mal: Einsamkeitsbarometer 2024. Wir fühlen uns immer öfter, immer jünger, immer intensiver... allein. Alarm: Kommunikation im Rückwärtsgang Laut Einsamkeitsbarometer 2024 fühlten sich 2020 fast ein Drittel der jungen Erwachsenen einsam. Nicht „allein“ – einsam. Das ist ein Unterschied. Allein ist: "Ich sitze auf dem Sofa. Es sitzt gerade niemand neben mir." Einsam ist: "Ich sitze auf dem Sofa, habe 387 Follower – aber keiner fragt, wie es mir geht." Selbst Menschen über 75 hatten in der Pandemie oft bessere Sozialwerte als Studierende. Woran liegt’s? An der Pandemie? Auch. Am Homeoffice? Vielleicht. An den sozialen Medien? Vermutlich. Aber vor allem: An fehlender, echter Kommunikation. Einsamkeit = Kommunikationsmangel! Wir reden zu wenig. Oder zu belanglos. Und zu selten ehrlich. Wir kommentieren, liken, tippen „OMG“, aber sagen zu selten: „Wie geht es dir – ehrlich jetzt?“ Oder: „Ich ruf dich einfach mal an, weil ich deine Stimme vermisse.“ Wir verstecken uns hinter Emojis, Business-Terminplanern und „Müssen wir mal wieder machen!“ – während unser soziales Fundament langsam auflöst wie ein Zuckerstück in lauwarmem Tee. Konfliktbaustellen-Tipps gegen das große Schweigen 1. Sag öfter das, was du denkst – nicht das, was höflich ist Statt „Passt schon“ sag: „Ich fühl mich heute nicht gut.“ Du wärst überrascht, wie schnell echte Gespräche entstehen. 2. Melde dich bei jemandem, bei dem du denkst: „Der meldet sich eh nie.“ Vielleicht denkt der andere dasselbe über dich. Und wartet. 3. Frage nicht nur „Wie geht’s?“, sondern „Was beschäftigt dich gerade wirklich?“ Und dann: Zuhören. Ohne scrollen. Ohne Antwort vorbereiten. Ohne Ratschlag. 4. Kommunikation ist keine Komfortzone Sie ist manchmal unbequemer als eine kalte Dusche – aber mindestens so belebend. 5. Baue kein Netzwerk. Bau eine Verbindung. Beziehungen, die nicht gepflegt werden, verhalten sich wie Topfpflanzen im Büro: Sie sterben still. Und keiner merkt's, bis der Staub auffällt. Also: Einsamkeit ist kein individuelles Versagen – sondern ein gesamtgesellschaftlicher Kommunikationsstau. Wer reden kann, muss reden. Nicht mit möglichst vielen – sondern mit Bedeutung. Und ja, das kostet manchmal Mut, Zeit und das Risiko, ehrlich zu werden. Aber wie sagt man so schön auf der Baustelle: Wer schweigt, baut keine Brücken – sondern Mauern. Das ist der Anfang vom Ende der Einsamkeit.

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