Ich bin, wie ich bin – oder: Muss ich mich wirklich verändern?
Ich bringe Menschen dazu sich selbst zu erkennen. KLAR, EHRLICH und OHNE UMWEGE. Genau dort beginnt nämlich wirkliche Veränderung. So steht es geschrieben auf der Homepage einer Kollegin, die Coaching anbietet. Mich hat diese Formulierung erstmal nachdenklich gemacht:
Ein kraftvoller Satz. Direkt. Unverblümt.
Und genau hier beginnt der innere Widerstand:
Muss ich mich denn überhaupt verändern, wenn ich mich erst erkannt habe?
Was, wenn ich beim Blick in den Spiegel denke:
„Ja, das bin ich. Nicht perfekt, nicht Instagram-ready – aber mein Original.“
Ein Beispiel:
Inge, 62, pensionierte Bibliothekarin, wohnt allein, liebt Sudoku, Pfefferminztee und Stille.
Sie ist der Typ Mensch, der bei Familienfeiern wie ein Klappstuhl wirkt: Sie ist da, aber niemand merkt’s – bis jemand sie braucht.
Im Rahmen eines Kommunikationsseminars wird sie gebeten, sich mal zu äußern, offen und ehrlich, zu einem Konflikt in der Runde.
Sie räuspert sich, atmet tief ein – und sagt schließlich:
„Ich sage nicht viel. Aber wenn ich nichts sage, heißt das nicht, dass ich nichts denke.“
Stille im Raum. Ein Raunen.
Der Coach lächelt: „Das war sehr klar. Möchten Sie vielleicht in Zukunft öfter Ihre Gedanken äußern?“
Inge schüttelt sanft den Kopf:
„Nein danke. Ich erkenne mich. Und ich mag mich leise.“
Was lernen wir von Inge?
Sie hat sich selbst erkannt – und dennoch entschieden, so zu bleiben, wie sie ist.
Nicht aus Starrsinn, sondern aus Klarheit.
Sie kommuniziert nicht oft, aber bewusst.
Sie ist kein Klappstuhl, der irgendwann quietscht – sondern eine tragende Struktur im Raum, wenn man sie braucht.
Selbsterkenntnis ist nicht gleich Selbstverpflichtung zur Veränderung
Hier beginnt der feine Unterschied:
Erkenntnis bedeutet: „Ich weiß, wie ich ticke.“
Veränderung bedeutet: „Ich will oder muss daran etwas ändern.“
Aber: Erkennen allein reicht manchmal schon.
Manche Konflikte klären sich, wenn beide Seiten verstehen, warum der andere so reagiert.
Nicht, weil jemand sich verbiegt – sondern weil jemand sichtbar wird.
Konfliktbaustellen-Tipp: Erkenne – und dann entscheide
Du musst dich nicht verändern, nur weil dich jemand erkennt.
Aber du darfst.
Und wenn du dich veränderst, dann bitte nicht, um besser anzukommen –
sondern um besser mit dir klarzukommen.
Authentizität darf auch unbequem sein – Hauptsache, sie ist bewusst
Wenn du dich im Spiegel erkennst und sagst:
„Das bin ich – und ich übernehme Verantwortung für mein Verhalten“,
dann bist du schon einen Schritt weiter als viele, die sich im Selfie-Modus verlaufen haben.
Ob du dich dann veränderst?
Das ist dein Weg. Deine Entscheidung.
Veränderung ist kein Muss.
Manche Menschen entfalten sich nicht durch Lautstärke, sondern durch Stimmigkeit.
Die Entscheidung, sich nicht zu verändern, kann genauso kraftvoll sein wie jede Transformation – wenn sie bewusst getroffen wird.
Alles Gute auf Deinem Weg!