Was kommuniziere ich, wenn ich einfach mal nichts sage? Von der Kunst, Stille sprechen zu lassen.
Sie saßen nebeneinander auf der kleinen Holzbank vor dem Grab. Vater und Tochter.
Er mit wettergegerbtem Gesicht, die Hände gefaltet, die Mütze auf dem Knie.
Sie mit geröteten Augen und einer Thermoskanne, aus der sie zwei kleine Becher Tee einschenkte.
Sie sprachen nicht.
Kein Wort über die Beerdigung. Kein Wort über die Mutter. Kein „Wie geht es dir?“
Nur der Tee, das leise Gluckern beim Eingießen, ein kurzes Nicken.
Als sie aufstand, strich sie ihm kurz über den Rücken.
Er sagte: „Danke.“
Das war alles.
Und doch war alles gesagt.
Stille ist keine Leerstelle in der Kommunikation, sie ist eine aktive Form des Ausdrucks.
Wer schweigt, sagt nicht zwingend nichts. Schweigen kann Anteilnahme ausdrücken, ohne Worte zu bemühen, die doch nicht reichen würden.
Schweigen kann Abgrenzung signalisieren, wo Worte nichts bewirken würden.
Schweigen kann Raum geben, damit Gefühle sich sortieren können.
Schweigen kann Druck nehmen, wo Gespräche zu viel verlangen.
In einer Welt, in der ständige Reaktion erwartet wird, im Chat, im Meeting, im Smalltalk, ist bewusstes Schweigen eine Form von Selbstbeherrschung und Mitgefühl.
Nicht zu schweigen aus Gleichgültigkeit, sondern aus Respekt.
Carl Gustav Jung sagte:
„Die meisten Missverständnisse entstehen nicht, weil wir zu wenig reden, sondern weil wir nicht zuhören.“
Stille ist die Voraussetzung für echtes Zuhören.
Unsere Tipps von der Konfliktbaustelle: Wann reden, wann schweigen?
Reden – wenn:
du jemanden verletzt hast und Verantwortung übernehmen willst.
ein Missverständnis ausgeräumt werden muss.
dein Gegenüber im Dunkeln tappt und Orientierung braucht.
Schweigen als Ablehnung verstanden werden könnte.
Schweigen – wenn:
du wütend bist und nur verletzen würdest.
Worte den Schmerz des anderen nicht erreichen können.
dein Gegenüber weint und gerade keine Antwort braucht, sondern Präsenz.
du nur reden würdest, um die eigene Unsicherheit zu übertönen.
Zugegeben: Die Entscheidung ist manchmal nicht leicht, vertrau deiner inneren Stimme, sei authentisch.
Manchmal ist das größte Geschenk, das wir machen können, einfach nur da zu sein, ohne etwas zu sagen.
Möglicherweise ist dies das wahre Finale aller Kommunikation:
Nicht der brillante letzte Satz. Sondern das stille gemeinsame Aushalten dessen, was uns bewegt.
Und vielleicht ist das Ende eines jeden Gesprächs nicht die Stille, sondern der Anfang von echtem Verstehen.
Danke fürs Lesen!