Wenn Tiere petzen ... dann ist das auch Kommunikation!

Ein Kollege erzählte beim letzten Mediationsstammtich sein Wochenenderlebnis und erntete jede Menge Gelächter: Ja, auch Kommunikationsprofis treten mal ins Fettnäpchen, und Schadenfreude am Stammtisch ist ja bekanntlich die beste Freude. Wir wollen Euch das nicht vorenthalten: Sonntag. Parkspaziergang Hand in Hand nach dem Kaffeetrinken. Die Sonne scheint, alles ist friedlich, bis es passiert. Ein mittelgroßer Boxermischling – nennen wir ihn Bobby – zieht wie verrückt an der Leine, ja, jault vor Freude, als er unseren Spaziergänger erkennt. Nicht etwa sein Herrchen. Nein, den Kollegen als den männlichen Teil des vorbeiflanierenden Pärchens. Die Leine gehört der Nachbarin drei Häuser weiter, und ihre Reaktion ist eindeutig: Sie wird knallrot, zieht Bobby zurück und murmelt etwas von „…eigentlich nicht so stürmisch…“. Die Ehefrau des angebellten Kollegen hingegen zieht die Augenbraue hoch, schaut ihren Göttergatten mit einer Mischung aus Verwunderung und innerer Anklage an und schweigt. Noch. Das zu Hause wartende "Verhör" kann man sich auf dem Rückweg gedanklich in leuchtenden Farben ausmalen. Ein Fall für unsere Konfliktbaustelle? Aber sicher! Wir alle stellen uns die Frage: Was war da los? Und was hat der Hund verraten? Bobby hat – ohne böse Absicht – gepetzt und kommuniziert. Er hat mehr gesagt als tausend Worte: „Dich kenne ich! Dich mag ich! Mit dir hab ich Zeit verbracht!“ Was die Ehefrau hört: „Was genau verbindet dich mit dieser Frau und diesem Hund?! Und warum weiß ich nichts davon?“ Was der Ehemann sagt: „Ich kann das erklären...“ (Das sagen ja alle). Was folgt, ist ein Verhör mit erstaunlicher Wendung: Der Ehemann, unser Kollege, ist romantisch veranlagt, aber in eigenen Angelegenheiten eher von der wortkargen Sorte. Er hat bei der Nachbarin, einer stadtbekannten Künstlerin, einen Malkurs im Einzelunterricht besucht. Und was war sein Projekt? Ein Porträt seiner Ehefrau, als Überraschung zum Hochzeitstag. Das Tier hat also nicht gepetzt, sondern – ohne es zu wissen – das Geheimnis einer schönen Idee vorzeitig gelüftet. Die Überraschung ist dahin. Der Haussegen hängt schief. Nur der Hund schwänzelt fröhlich weiter. Konfliktbaustellen-Tipps zur Kommunikation mit und ohne Tiere: 1. Geheimnisse sind riskant, besonders mit tierischen Mitwissern. Wenn ein Geschenk heimlich vorbereitet wird, rechne mit einem tierischen Leck im System. 2. Man kann auch vorher kommunizieren, subtil, aber ehrlich. „Ich bin in den nächsten Wochen abends manchmal weg – Überraschungsprojekt.“ Das reicht oft, um spätere Missverständnisse zu vermeiden. Und schafft beim Gegenüber eine Vorfreude auf die Überraschung. 3. Verhöre vermeiden, Vertrauen stärken Wenn der Partner oder die Partnerin nervös wird, weil der Hund „zu viel weiß“, lieber nachfragen als vorwerfen. Ein Satz wie „Was hat Bobby da wohl verraten?“ wirkt Wunder – besser als: „Und wann wolltest du mir das sagen?“ 4. Tiere lügen nicht, aber sie erzählen auch nicht die ganze Wahrheit. Nicht jeder freudige Jauler ist ein Geständnis. Manchmal ist er einfach nur ein freudiger Jauler. Merke: Manchmal bellen Hunde, und lösen damit Kommunikationskrisen aus Aber das ist kein Grund zur Panik. Es ist ein wunderbarer Anlass, über das zu sprechen, was wir manchmal lieber verschweigen, aus Unsicherheit, aus Überraschungsabsicht oder aus Angst vor Missverständnissen. Wenn Tiere „petzen“, hören wir also genau hin. Nicht nur auf das Gebell. Sondern auch auf das, was unausgesprochen in der Luft liegt. Als Stammtischgeschichte jedenfalls super, wenn man nicht persönlich betroffen ist. Mit freundlicher Genehmigung des Erzählers.

Beliebte Posts aus diesem Blog

21. Juni – Der längste Tag des Jahres: 17 Sonnenstunden Kommunikation

Winken ohne Grund? Kommunikation unter Fremden

600 Telefonmediationen in weniger als einem Jahr – Routine, Raketenstart oder kommunikative Erschöpfung?