Die drei Filter – Blockade oder Brücke?

Neulich meldete sich ein Stammleser unseres Blogs bei mir. Er erzählte mit leuchtenden Augen, wie er die drei Filter des Sokrates nach unserem kürzlichen Beitrag ausprobiert hatte. „Wissen Sie, ich hab’s ganz konsequent gemacht!“, sagte er. „Immer wenn jemand etwas erzählen wollte, habe ich innerlich die drei Fragen gestellt: Ist es wahr? Ist es gut? Ist es notwendig? – Und wenn nicht: Zack, abgebrochen. Gespräch beendet. Ich war richtig stolz, so souverän zu sein.“ Doch schon während er das berichtete, schlich sich ein Nachsatz ein: „Nur … irgendwie kam ich mir nach einer Weile komisch vor. Fast so, als würde ich mit Betonwänden statt mit Menschen reden. Die anderen zogen sich zurück, ich merkte, dass ich etwas kaputtmache. Da habe ich angefangen zu grübeln …“ Dieser Freund der Konfliktbaustelle hatte etwas Wichtiges erkannt: Die drei Filter richten sich in erster Linie an den **Sprechenden**, den Sender der Botschaft. Bevor ich über andere rede, sollte ich mich fragen: Ist das, was ich sagen will, wahr? Ist es gut? Ist es notwendig? Wenn ich jedoch als Zuhörer jede Information „wegfiltere“ wie ein Türsteher vor der Disco, verhindere ich manchmal Nähe, Verständnis oder schlicht das Bedürfnis meines Gegenübers, sich Luft zu machen. Manchmal geht es gar nicht um Fakten, sondern darum, dass jemand Sorgen loswerden möchte, Bestätigung sucht oder ein Missverständnis klären will. Es geht also nicht darum, Kommunikation totzufiltern, sondern sie bewusst zu gestalten. **Als Sprecher** helfen mir die Filter, nicht in Gerüchte, Abwertungen oder unnötigen Ballast zu verfallen. **Als Zuhörer** hilft es, die Filter flexibel zu nutzen: Manchmal ist es gut, einen destruktiven Redefluss zu stoppen – manchmal ist es ebenso wertvoll, einfach nur da zu sein und zuzuhören. Wir haben unserem Freund dann ein weiteres Werkzeug an die Hand gegeben, in Form eines modernen Spruches, der häufig im Umlauf ist: Jemand stürmt aufgeregt zu seinem Freund: „Hör dir mal an, was XY alles Schlimmes über dich gesagt hat!“ Der Freund antwortet gelassen: „Unabhängig davon, was er gesagt hat – **wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass er dir, meinem Freund, solche Dinge über mich anvertraut?“ Hier wird der Fokus nicht auf die Worte gelegt, sondern auf die Beziehung dahinter. Eine kluge Wendung, die zeigt: Kommunikation lebt von mehr als nur drei Filtern. Die drei Filter sind ein großartiges Werkzeug – wenn wir sie dort einsetzen, wo sie hingehören: vor dem Mund des Sprechers, nicht als eiserne Schranke in den Ohren des Zuhörers. Wer das verstanden hat, kann Missverständnisse vermeiden, Nähe fördern und echte Gespräche führen. In diesem Sinne: **Baut kommunikative Brücken statt Blockaden. MD

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