Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Warum Erfahrungen allein nicht die Lösung sind.

Wer kennt sie nicht – die gute Freundin, die aus ihrer eigenen Mitte heraus den Wunsch verspürt, zu helfen? Die deine Probleme wie Ehescheidung, Insolvenz oder Depression selbst schon durchlebt hat und deshalb überzeugt ist: „Weil ich das kenne, kann ich auch dich begleiten.“ Die glaubt, nur wer Ähnliches erlebt hat, könne sich wirklich einfühlen. Das klingt auf den ersten Blick nachvollziehbar, und ist sicher gut gemeint. Aber genau hier sagen wir: Vorsicht! Denn zwischen „zuhören und trösten“ im privaten Rahmen und „professionell begleiten“ im Coaching liegt eine unsichtbare Grenze. Dort, wo aus Empathie ein Angebot mit Anspruch auf Wirksamkeit wird, beginnt ein anderer Maßstab: rechtlich, psychologisch und auch kommunikativ. Hier geht es nicht mehr nur um geteilte Erfahrung, sondern um Verantwortung, Klarheit und um Pflichten, die jeder kennen sollte, bevor man sich Coach nennt. Wenn die gute Freundin jetzt die Suchmaschine ihrer Wahl bemüht, erfährt sie schnell: „Coach“ ist in Deutschland kein gesetzlich geschützter Berufs­titel. Du darfst dich so nennen – aber: Sobald du Coaching gewerblich anbietest (vor allem online), greifen eine Reihe von Gesetzen und Pflichten.Wer sein Erlebtes weitergibt, schenkt Nähe und Verständnis, das ist wertvoll. Aber: Professionelles Coaching braucht mehr als nur Erfahrung. Es erfordert Methodenkenntnis, Abgrenzung zu Therapie, und vor allem rechtliche Sorgfalt. Seit Juni 2025 hat der Bundesgerichtshof unmissverständlich klargestellt: Viele Online-Coaching-Programme sind rechtlich Fernunterricht. Das bedeutet: Ohne staatliche Zulassung durch die ZFU sind Verträge nichtig – und Teilnehmer:innen können ihr gesamtes Honorar zurückfordern. Auch dann, wenn sie bereits monatelang Inhalte konsumiert haben. Hinzu kommt: Sobald es um psychische Krisen, Depressionen oder Heilversprechen geht, gilt das Heilpraktikergesetz. Wer ohne Approbation oder Heilpraktikererlaubnis in diesen Bereich hineingerät, riskiert ernste Konsequenzen – bis hin zu strafrechtlichen Problemen. Und dann ist da noch die Verantwortung, nichts zu "versprechen". Coaching lebt von Sprache. Worte können stärken, aber auch verführen. Wer sich in dieser Rolle bewegt, trägt Verantwortung: für Klarheit, für Transparenz, und für die Einhaltung der Spielregeln. Seid also bitte skeptisch bei Versprechungen: „Garantie auf Erfolg“ oder „vier Sätze, die jeden sprachlos machen“ klingen verlockend, sind aber meist Marketing.Wenn es um Depression, Traumata oder Heilung geht, sucht bitte eine:n ausgebildeten Therapeuten auf. Also schaut kritisch, wem ihr euch anvertraut: Erfahrung ist wertvoll, aber erst in Kombination mit Methodenwissen, Supervision und Fortbildung wird daraus echte Coaching-Kompetenz. Wählt weise. Eure Konfliktbaustelle.

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