Lenkrad & Lebensstil – was wir mit unserem Fahrstil kommunizieren
Ich glaube, einen Cadillac Escalade zu fahren ist wie Tango tanzen.
Ich helfe euch gerne auf die Sprünge: Ein Cadillac Escalade ist ein ziemlich großes Ungetüm von SUV, das man ehrfürchtig „erklimmt“ und mit einer gewissen Hochachtung vorsichtig in Bewegung setzt. Anfangs fährt man eher ängstlich, fast zurückhaltend, nimmt mehr Rücksicht auf andere als auf sich selbst. Doch nach einiger Zeit wird man sicherer, selbst auf schmalen Straßen. Man „fordert“ den Gegenverkehr in gewisser Weise heraus, noch einmal über die Fahrzeugbreite seines eigenen Wagens nachzudenken … und die eigene Fahrspur im Bruchteil einer Sekunde neu zu berechnen.
Und Tango? Jeder denkt: „Ein schwieriger Tanz! Niemand traut sich da ran …“ Der Tanzbereich, die schnellen Bewegungen, die Angst, Fehler zu machen.
Unser Fahrstil und unser Tanzstil sind also mehr als reine Fortbewegung – sie sind Ausdruck unserer inneren Haltung.
Ähnlich wie beim Tanz senden wir auch im Straßenverkehr durch unseren Fahrstil Botschaften an andere, bewusst oder unbewusst.
Sicherheitsorientierte Fahrer kommunizieren Ruhe und Bedacht. Sie signalisieren: „Ich möchte niemanden gefährden, ich halte mich an Regeln.“ Das schafft Vertrauen, oder weckt Ungeduld.
Dynamische Fahrer drücken Selbstbewusstsein, manchmal auch Dominanz aus: „Ich bestimme das Tempo.“ Für manche wirkt das souverän, für andere rücksichtslos.
Zögerliches Fahren zeigt Unsicherheit oder Angst, und wird oft als störend empfunden, obwohl die Absicht Schutz ist. Da hilft auch der Aufkleber "Fahranfänger" nichts.
Gelassenes Fahren (ruhig, vorausschauend, freundlich) wirkt kommunikativ wie ein stilles Lächeln im Gespräch: man öffnet Räume, nimmt Spannung raus, ermöglicht Kooperation.
Fahrstil ist also Körpersprache auf Rädern.
So wie wir beim Tango Nähe, Rhythmus und Vertrauen austarieren, so verhandeln wir im Straßenverkehr Nähe, Abstand und Priorität. Ob wir mutig sind, ängstlich, dominant oder kooperativ – wir teilen es mit, ohne ein Wort zu sagen.
Und vielleicht steckt darin eine Einladung: Nicht nur zu überlegen, wie wir fahren, sondern auch, was wir damit sagen.
Natürlich gibt es die bekannten Klischees:
BMW-Fahrer blinken nie, Mercedes hat eine eingebaute Vorfahrt, und Audi-Fahrer kleben grundsätzlich auf der linken Spur.
Doch egal, welches Logo am Kühlergrill prangt – am Ende tanzen wir alle denselben Tango auf der Straße. Jeder in seinem Tempo. Entscheidend ist, dass wir den Takt der anderen hören und im richtigen Moment auch einmal einen Schritt zur Seite machen. Allzeit gute Fahrt! HF