Metallica oder Helene Fischer? – Wenn das Radio im Büro zum Konflikt wird
Montagmorgen, 9 Uhr, das Büro füllt sich langsam zur Teambesprechung und zum Start in die Woche.
Die Kaffeemaschine brummt, Tastaturen klappern – und im Hintergrund läuft SWR 1 Hitparade.
Gerade eben sang Reinhard Mey von „Über den Wolken“, als plötzlich Metallica mit harten Gitarrenriffs übernimmt.
Kollege Sven reißt begeistert die Arme hoch: „Endlich mal richtige Musik!“
Kollegin Anita verzieht das Gesicht: „Das ist ja furchtbar, wie soll man denn dabei arbeiten?“
Noch bevor der Streit abebbt, folgt Helene Fischer mit „Atemlos durch die Nacht“.
Jetzt verdreht auch Kollege Sven die Augen: „Das halte ich nicht aus.“
Und so sind die Fronten klar:
Musikgeschmack im Büro – ein Konflikt, der mit schöner Regelmäßigkeit aufflammt, nicht nur hier bei uns.
Musik hat eine unglaubliche emotionale Kraft.
Was für den einen Motivation ist, bedeutet für die andere Stress.
Die SWR 1 Hitparade liefert mit ihrer Mischung aus allen Genres eine perfekte Bühne für dieses Spannungsfeld:
Von Oldies bis Rock, von Schlager bis Hip-Hop – alles dabei, alles bunt gemischt nacheinander. So haben die Hörer abgestimmt.
Die Folge: Reibung.
Die einen genießen die Vielfalt: „Ich lerne sogar neue Lieder kennen.“
Die anderen erleben ein Chaos: „Kaum habe ich mich konzentriert, kommt schon wieder ein Lied, das mich nervt.“
Der Büroalltag wird damit zum akustischen Experiment:
Wie viel Unterschied verträgt ein Team, bevor es knirscht?
Musikgeschmack ist eng mit Identität, Biografie und Emotionen verknüpft. Wer seine Lieblingsmusik hört, fühlt sich zu Hause, verstanden und motiviert. Fremde Musik dagegen kann wie eine Störung wirken.
Im Büro teilen sich viele Menschen einen Raum.
Wer das Gefühl hat, keinen Einfluss auf die „Soundkulisse“ zu haben, erlebt Kontrollverlust. Das führt oft zu Gereiztheit.
Und dann ist da noch die Gruppendynamik: Aus einer Geschmacksfrage wird schnell ein Machtspiel: „Wer bestimmt hier eigentlich?“
Musik wird zum Stellvertreter-Thema für Gerechtigkeit und Mitbestimmung.
Und zu Recht hat Anita das Thema Konzentration angesprochen: Studien zeigen, bei komplexen Aufgaben stören wechselnde Musikrichtungen stärker, als wenn Stille herrscht.
Das erklärt, warum einige sich regelrecht „überfahren“ fühlen, wenn nach Reinhard Mey plötzlich Metallica einsetzt.
Wie lösen wir den Konflikt?
Wie immer mit offener Kommunikation. Statt genervt den Sender auszuschalten oder sarkastische Kommentare zu machen, sollte das Team bewusst das Thema ansprechen:
„Welche Musik können wir alle ertragen?“
„Wann brauchen wir lieber Ruhe?“
Bewusst Regeln vereinbaren: Musik nur zu bestimmten Tageszeiten (z. B. Vormittags Stille, nachmittags Radio).
Feste „Musikslots“: Jeder darf mal eine Stunde bestimmen.
Lautstärke so niedrig, dass sie nicht stört.
Und dann gibt es da noch die Kopfhörer-Lösung: Moderne Büros erlauben es, dass jeder seinen Sound selbst mit Kopfhörern steuert.
Wer Musik zur Motivation braucht, hört sie, ohne den anderen auf die Nerven zu gehen.
Oft hilft auch Humor: Statt sich aufzureiben, kann man die Hitparade auch zum Spiel machen:
Welche Tippgemeinschaft errät, welche Nummer 1 gewählt wurde? Oder welches Lied in den Top-Ten ist?
Gemeinsames Lästern über „Atemlos“ – und dann doch mitsingen.
Der Streit um den Radiosender im Büro ist mehr als eine Nebensächlichkeit.
Es geht um Wahrnehmung, Mitbestimmung und Respekt.
Wer das erkennt, kann den Konflikt nutzen, um Teamregeln fair auszuhandeln.
Und am Ende gilt: Musik soll verbinden, nicht spalten, auch wenn auf Metallica Helene Fischer folgt. MD