Welche Werte sind dir wichtig? Ein Perspektivwechsel, der Klarheit schafft

Die meisten Menschen zucken zusammen, wenn sie über die eigenen Werte schreiben sollen: „Klingt nach Eigenlob, nach Selbstbeweihräucherung…“ Verständlich. Deshalb nutzen wir im Coaching einen kleinen Trick – inspiriert u. a. von dem australischen Psychologen Russ Harris: Stell dir vor, dein bester Freund / deine beste Freundin und/oder dein Partner / deine Partnerin wird von einem Fernsehteam interviewt und der Beitrag läuft landesweit. Was würdest du gern hören, was sie über dich sagen? Plötzlich sprichst du nicht mehr über dich, sondern Menschen, die dich kennen, über das, was ihnen an dir wichtig ist. Das nimmt den Druck raus und macht Werte konkret. Warum das funktioniert? Fremdperspektive statt Eigenlob: Du schaust durch die Augen derer, die dir nah sind. Vom Etikett zum Verhalten: Aus „Ich bin fair“ wird „Sie hört in Konflikten beide Seiten an – auch unter Zeitdruck.“ Werte ≠ Ziele: Werte sind die Richtung (Kompass), keine Meilensteine. Sie gelten auch dann, wenn niemand zuschaut. Du willst es ausprobieren? Bitte sehr: Freund:in/Partner:in gedanklich wählen. Stell dir eine reale Person vor. Interview-Moment gedanklich ausmalen. 60 Sekunden: Wo steht das Team? Wie klingt die Frage? Stelle dir das Setting exakt vor. Wörtlich notieren. Schreibe 5–7 Sätze, die du gern hören würdest – in deren Worten. Keine Superlative, sondern Beispiele. Werte herausfiltern. Markiere Schlüsselbegriffe (z. B. Fairness, Mut, Verlässlichkeit, Fürsorge, Klarheit). Verhalten ableiten. Für jeden Wert: Wie sieht das im Alltag aus? (ein Satz, beobachtbar, ohne „immer/nie“). Beispiel-Leitfaden: Vom Verhalten zum Wert und umgekehrt: Klarheit: „Sie fasst am Ende jedes Meetings die Entscheidungen in zwei Sätzen zusammen.“ Fairness: „Er hört beiden Seiten zu, bevor er entscheidet – auch wenn der Terminplan eng ist.“ Mut: „Sie sagt, was Sache ist, und bleibt dabei respektvoll.“ Fürsorge: „Er fragt aktiv nach Belastungen im Team und hilft beim Priorisieren.“ Verlässlichkeit: „Sie hält Zusagen ein – und meldet sich früh, wenn es eng wird.“ Und wie kommmt man vom Wert ins Tun? Wenn es knirscht, frag dich vor der eigenen Reaktion: „Was würde ich mir wünschen, dass mein bester Freund/meine Partnerin später im TV über mein Verhalten in dieser Situation sagt?“ Antwort notieren → in Handlung übersetzen → dann erst reagieren. Probier’s aus – und wenn du magst, teile im Blog oder im Teammeeting einen Satz, den dein Freund/deine Partnerin über dich sagen würde. Nicht als Prahlerei, sondern als Kompass: Dafür stehe ich. Daran will ich mich messen lassen. Konfliktbaustelle: Kommunikation. Klar. Menschlich. Wirksam.

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