Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters – oder wie dasselbe Erlebnis zwei Geschichten erzählt

Ein ganz normaler Montagmorgen im Supermarkt. Zwei Kunden stehen an der Kasse, beide haben es eilig. Die Kassiererin zieht gemächlich die Ware über den Scanner, während ein alter Herr in aller Ruhe seine Geldbörse durchsucht. Kunde Nummer eins, ein junger Angestellter auf dem Weg zur Arbeit, seufzt genervt. "Immer diese Rentner, die ihre Zeit haben, aber ausgerechnet dann einkaufen, wenn alle losmüssen!" Er schaut demonstrativ auf die Uhr, trommelt mit den Fingern auf den Einkaufswagen. Kunde Nummer zwei, eine ältere Dame, sieht das völlig anders. Sie beobachtet den alten Herrn, wie er mit einem entschuldigenden Lächeln seinen Münzenstapel sortiert. Sie denkt: "Ach, wie schön, dass er sich noch selbst versorgen kann. Früher hat man sich für so etwas Zeit genommen." Beide erleben exakt die gleiche Situation, aber ihre Wahrnehmung ist eine völlig andere. Warum? Weil sie durch ihre Biografie geprägt sind. Der junge Mann kennt nur den hektischen Arbeitsalltag, während die Dame sich an eine Zeit erinnert, in der Geduld und Ruhe selbstverständlich waren. Die Moral der Geschichte? Jeder sieht die Welt durch seine eigene Brille. Vielleicht hilft es manchmal, sie für einen Moment abzusetzen und eine andere Perspektive einzunehmen. Das nächste Mal, wenn wir uns über jemanden ärgern – warum nicht kurz innehalten und fragen: "Wie würde ich das wohl sehen, wenn mein Leben anders verlaufen wäre?"

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