Konfliktbaustelle unterwegs: Beifahrer, Botschaften und der alltägliche Konflikt
Das Lied „Beifahrer“ von die feisten trifft dieses Phänomen auf den Punkt. Herrlich überspitzt schildert es die Dynamik zwischen Fahrer und Beifahrer – oder, genauer: zwischen Mensch und Mensch, die beide glauben, sie hätten die richtige Sicht auf das Verkehrsgeschehen – und aufeinander.
Denn was da zwischen Autoradio und Handschuhfach passiert, ist Kommunikation pur – meist unfreiwillig ehrlich, oft emotional übersteuert, selten gelingt die Kurve zur Klarheit.
Ein idealer Fall für das Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun:
„Eine Nachricht hat immer vier Seiten.“
Was wir sagen, ist nur die halbe Miete – wie es ankommt, hängt davon ab, was alles mitschwingt.
Ein Beispiel aus dem Beifahreralltag:
Die Beifahrerin sagt:
„Hier vorne ist 30.“
Was der Fahrer hört – oder hören könnte:
Sachinhalt:
„Die Geschwindigkeit ist hier auf 30 km/h begrenzt.“
Selbstoffenbarung:
„Ich achte auf Regeln und will sicher fahren.“
Oder: „Ich bin nervös, wenn du zu schnell fährst.“
Beziehungshinweis:
„Ich trau dir nicht zu, das allein zu merken.“
Oder: „Ich weiß es besser.“
Appell:
„Fahr bitte langsamer!“
💥 Und schon kracht’s – nicht auf der Straße, sondern im Gespräch.
Der Fahrer fühlt sich gemaßregelt, kritisiert, nicht ernst genommen. Die Beifahrerin meint es vielleicht nur gut. Aber ihr Hinweis kommt an wie ein Vorwurf.
Dabei wollten beide einfach sicher ankommen.
Das Beispiel zeigt: Konflikte beginnen oft nicht bei dem, was gesagt wird – sondern bei dem, wie es interpretiert wird.
Was tun auf dieser Kommunikationsbaustelle?
Sich der 4 Seiten einer Nachricht bewusst werden:
Was sage ich? Und was schwingt mit?
Nachfragen statt reinschlucken oder zurückschießen:
„Wie meinst du das?“ oder „Meinst du, ich war zu schnell?“
Eigene Seite offenlegen:
„Ich sag’s dir nicht, weil ich besserwisserisch bin – ich bin einfach angespannt, wenn wir unterwegs sind.“
Das Beispiel zeigt:
Das Auto ist ein exzellenter Ort für Kommunikationsdramen – oder für Lernkurven.
Und vielleicht ist es gar nicht so schlimm, mal zu hören:
„Ich hab da vorne was gesehen – nur zur Info.“
Solange man weiß: Gemeint ist oft was anderes als gesagt. Und verstanden wird meistens etwas Drittes.
Frage an euch:
Wann habt ihr zuletzt im Auto einen Satz gesagt – und sofort gemerkt, dass er ganz anders ankam als gemeint?