Unbezahlbar?
Vom Wert der Dinge und dem Preis für Menschlichkeit
Neulich bin ich beim Durchstöbern der Mediatheken bei "Bares für Rares" hängen geblieben. Jeder hat vermutlich schon mal von dieser Sendung gehört, ich bisher nur gehört, nie gesehen. Also klickte ich neugierig drauf und ließ mich auf die Welt der Dachbodenfunde ein.
Zu sehen: Menschen, die scheinbar alltägliche Dinge mit großer Geschichte und emotionalem Wert präsentieren. Schmuckstücke, die jahrzehntelang verschollen waren, Erinnerungsstücke aus Uromas Zeiten – für den einen Ramsch, für den anderen ein Schatz. Und genau das bringt mich zum Nachdenken.
In der Sendung wird zuerst von einer sachverständigen Person jedem Gegenstand ein Wert zugeschrieben, gemessen an Zustand, Alter, Seltenheit und Begehrtheit auf dem Markt. Doch den tatsächlichen Preis bestimmt dann die Verhandlung, das Marktgeschehen, das Interesse der Käufer. Klingt nach Wirtschaft? Ist es auch. Und trotzdem geht es um mehr.
Denn was ist eigentlich der Wert, und was ist der Preis?
Ich denke an mein altes Auto. Zwanzig Jahre hat es mich begleitet, durch halb Deutschland, auf schönen und auf schweren Strecken. Es hatte sich sogar einen Namen verdient – Fridolin – und könnte Geschichten erzählen von spontanen Ausflügen, alten Freunden, Regentagen mit lauter Musik.
Und dann kommt der Autohändler, schaut kurz, und sagt trocken:
„Die olle Möhre ist noch tausend Euro wert.“
Ich schlucke. Mein Herz widerspricht. Für mich ist Fridolin unbezahlbar.
Wert und Preis? Meilenweit voneinander entfernt.
Aber nun wird es spannend:
Was passiert, wenn wir diese Überlegungen nicht auf Dinge beziehen, sondern auf Menschen, auf Beziehungen, auf emotionale Werte?
Was ist der Preis für Freundlichkeit?
Was „kostet“ es, jemandem zuzuhören, ein Danke zu sagen, eine Tür aufzuhalten, ein paar Minuten Zeit zu schenken?
Und warum fällt es manchen Menschen so schwer, das zu tun, aber nicht, ein paar Euro „hinzublättern“, um sich damit ihrer Pflicht zu entledigen?
Wertschätzung misst man nicht mit einem Geldbetrag.
Es gibt keine Umrechnungstabelle für Höflichkeit, keine App, die Achtsamkeit trackt.
Der wahre Preis für Werte ist etwas anderes: Zeit. Aufmerksamkeit. Menschlichkeit.
Und genau das ist oft das Wertvollste.
Mir fällt auch sofort ein Beispiel ein:
Ich helfe einer älteren Nachbarin mit dem Einkauf.
Sie fragt: „Warum nimmst du dir so viel Zeit für mich? Ich bin das doch gar nicht wert. Und du hast doch nichts davon.“
Meine Antwort kam von Herzen:
„Unterschätze uns beide nicht. Wenn du nach unserem Gespräch wieder lächeln kannst, dann war es mir das wert. Und das ist meine Belohnung.“
Konfliktbaustellen-Tipps zum Thema Wert und Preis:
1. Wert entsteht nicht im Katalog.
Nicht der Preis entscheidet, was etwas oder jemand „wert“ ist, sondern die Bedeutung, die wir ihm oder ihr beimessen.
2. Zeit ist wertvoller als Geld.
Ein echtes Gespräch, ein kleiner Umweg, ein Lächeln im Vorbeigehen, das sind oft unbezahlbare Momente.
3. Kenne deinen eigenen Wert.
Du bist kein Auto mit Restwert. Kein Möbelstück im Ausverkauf. Kein Schnäppchen.
Du bist ein Mensch mit Geschichte, mit Fähigkeiten, mit Würde.
Du darfst „Nein“ sagen, wenn es dir nicht gut tut.
Du darfst Grenzen setzen.
Du darfst wertvoll sein – ohne dich erklären zu müssen.
4. Unterlass das Understatement.
Sich kleinzumachen ist kein Zeichen von Bescheidenheit, sondern von Selbstzweifel.
Wer seinen eigenen Wert kennt, lässt sich nicht in Rabattzonen drängen.
5. Wertschätzung ist keine Einbahnstraße.
Wer anderen begegnet mit Offenheit, Respekt und echter Zeit, bekommt oft mehr zurück, als man gegeben hat oder erwartet hat.
Nicht immer in Euro, aber in Begegnung, in Verbindung, in echten Momenten.
Am Ende bleibt:
Der Wert liegt im Auge des Betrachters.
Aber den Preis, den du für dich selbst ansetzt, den bestimmst du.
Also sei nicht käuflich. Sei wertvoll.
Herzlich von der
Konfliktbaustelle
MF