Gute Vorsätze und gereizte Nerven – Wie wir uns nicht ins neue Jahr streiten

 

Dezember 2025. Wir sind auf Besuch. Das Haus voll. Der Kühlschrank leer. Die Plätzchendose verdächtig schnell wieder aufgefüllt. Die Schwiegermutter kommentiert mit ihrer legendären Sanftstimme die Kindererziehung („Das war bei uns früher ganz anders…“), während Onkel Rudi mal wieder die politische Großwetterlage erklärt – laut, bildreich und mit ordentlich Glühwein im Bauch.

Und der neue Freund der Nichte, Hubert, führt stolz sein Elektroauto vor und erklärt mit irgendwo aufgeschnapptem Halbwissen, dass unser Cadillac V8 mit 6,2 Liter Hubraum das personifizierte Böse darstellt.

Und allen scheint egal zu sein, dass Chris Rea gerade vor ein paar Tagen gestorben ist. "Drivin´home for christmas", hätten wir das dieses Jahr vielleicht einfach mal sein lassen.

Ja, Weihnachten ist das Fest der Liebe. Und das merkt man daran, wie schnell der Ton schärfer wird, wenn man drei Tage lang auf engem Raum miteinander lebt, isst, diskutiert, schweigt, schmollt und sich fragt: Warum haben wir nicht doch das Hotel genommen?

 Während wir uns materiell gern großzügig zeigen – Geschenke hier, Gutscheine da, die dritte Pflegecreme für Tante Hilda – bleibt die emotionale Großzügigkeit oft auf der Strecke.

Zuhören? Nur kurz, bis das Handy vibriert.
Verzeihen? Vielleicht, aber erst nach dem zweiten Sekt.
Grenzen respektieren? Nur, wenn’s nicht die eigenen sind.

Dabei wäre es eigentlich der perfekte Zeitpunkt: Das alte Jahr verabschiedet sich, das neue steht vor der Tür, neugierig, optimistisch – und noch völlig unverdorben.

 Konfliktbaustellen-Tipps für ein friedliches Familienfinale

1. Redet weniger, hört mehr.
Man muss nicht zu allem eine Meinung äußern, vor allem nicht zur neuen Haarfarbe der Nichte. Stattdessen einfach mal: Nicken. Atmen. Weitertrinken.

2. Führt keine Grundsatzdiskussionen unterm Baum.
Ob Homöopathie wirkt, wer schuld an der Wirtschaftslage ist und ob Raclette oder Fondue besser ist, das klärt bitte im Februar. Mit Abstand. Oder diese Fragen bleiben einfach ungelöst, im neuen Jahr oder für immer.

3. Der erste gute Vorsatz: Nicht recht haben müssen.
Ein „Du hast wahrscheinlich recht“ kann Wunder wirken. Auch wenn es innerlich zuckt und schwerfällt.

4. Schenkt mal emotionale Wärme.
Nein, kein Heizkissen. Gemeint ist: ein ehrlich gemeintes Lob. Ein Satz wie „Ich find’s schön, dass du da bist“ kann mehr bewirken als der zehnte Amazon-Gutschein.

5. Feiert auch euch selbst.
Nicht nur andere beschenken, sondern sich selbst. Mit einem guten Buch. Einer halben Stunde Stille. Oder einem Spaziergang. Allein oder mit dem Lieblingsmenschen, mit dem es niemals Streit gibt.

Funfact am Rande: Ich bin mit meinen eigenen Tipps übrigens an diesem Tag gescheitert. Als Hubert seinen verbalen Vernichtungsangriff auf unseren geliebten Cadillac startete, habe ich ein „Du hast wahrscheinlich recht“ einfach nicht über die Lippen gebracht. Aber ich habe es ignoriert, und das ist für meine Verhältnisse in dieser Situation schon mal gut. Nobody is perfect.

Wir halten also fest:

Gute Vorsätze fürs neue Jahr müssen nicht gleich „weniger Schokolade“ oder „mehr Sport“ heißen. Wie wäre es mit:

  • Weniger Rechthaberei, mehr Gelassenheit.
  • Weniger Drama, mehr Dialog.
  • Weniger Glitzer, mehr echte Verbindung.

Denn wie sagt man so schön:
„Wer Frieden will, muss bei sich anfangen – und nicht erst nach Silvester.“

In diesem Sinne:
Einen sanften Rutsch,
gute Gespräche, und herzlichste Grüße von der
Konfliktbaustelle

MD

 

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