Konfliktbaustelle: Der Pedalritter-Effekt

Oder: Warum auch Kommunikationsprofis manchmal zu schnell schalten Es war alles angerichtet für ein perfektes Motorsporterlebnis: Lautstarke Motoren. Der Duft von Gummi, Benzin und Siegermentalität. Sportwagen und Rallye-Legenden auf den Straßen von Langenburg. Rennsportbegeisterte Menschen überall – das Adrenalin lag in der Luft. Und dann: zwei e-Bike-Fahrer. Mit T-Shirts, auf denen in markanten Lettern stand: „Pedalritter“. Unser erster Gedanke? Wie deplatziert! „Was für eine ironisch-feinsinnige Provokation – mit Elektromotor durch eine PS-Pilgerstätte…“ Oder vielleicht ein Statement? Rad statt Rennmaschine? Nachhaltigkeit statt Nostalgie? Unser zweiter Gedanke: Was wollen die uns wohl sagen? Unser dritter Gedanke kam nach dem Griff zur Suchmaschine: „Pedalritter“ ist… eine Fahrradmarke. Die Shirts gibt’s wahrscheinlich beim Kauf dazu. Also eher: „Ich hab mir ein gutes E-Bike gekauft – und das Shirt war gratis.“ Die Lehre aus Langenburg: Auch wir Kommunikationsprofis tappen in die Projektionsfalle. Wir deuten, interpretieren, analysieren – und übersehen dabei: Manchmal ist ein T-Shirt einfach ein T-Shirt. Und nicht jedes Signal ist eine Aussage. Nicht jede Aussage ist bewusst gesetzt. Und nicht jede Wirkung ist beabsichtigt. Der Klassiker: Der erste Eindruck als Irrweg Das ist menschlich. Und gefährlich. Denn im Alltag passiert das ständig: Ein Kollege mit verschränkten Armen? → „Der blockt ab.“ Eine Mail ohne Anrede? → „Unhöflich!“ Eine verspätete Antwort? → „Desinteresse.“ Doch was, wenn der Kollege einfach fröstelt, die Mail vom Handy kam, oder die Antwort wegen eines kranken Kindes später kommt? Kommunikation ist mehr als das, was man sieht. Und weniger eindeutig, als man denkt. Unser Tipp aus der Konfliktpraxis: Urteile nie auf Basis des ersten Eindrucks. Frag lieber einmal mehr nach. Rechne mit Alternativen. Lass Raum für Missverständnisse – bei anderen und bei dir selbst. Denn das eigentliche Problem ist nicht der Irrtum. Es ist die Überzeugung, im Recht zu sein, bevor man geprüft hat, ob es auch stimmt. Also: Der Pedalritter-Effekt erinnert uns daran, dass schnelle Urteile oft überholt sind, selbst auf einer Motorsportveranstaltung. Und dass selbst geübte Kommunikationsexperten manchmal aufs falsche Signal setzen. Aber hey – wir sind ja lernfähig. Mea culpa. Und Helm ab vor den Pedalrittern. Nichts für ungut.

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