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Ratschläge sind auch Schläge! Was kommuniziere ich, wenn ich ungefragt Ratschläge gebe?

Gestern im Elektrofachmarkt, ich suche Batterien für meine Fernbedienung. Ein Mann um die 40 steht vor der Wand mit den neuen Ultra-Wasweißich-HD-Fernsehern. Neben ihm eine ältere Dame, konzentriert auf ein Modell im mittleren Preissegment blickend, Zettel in der Hand. Sie mustert die Preisschilder, tippt unsicher auf die Fernbedienung. Da beugt sich der Mann leicht zu ihr rüber und sagt laut genug für die halbe Abteilung: „Also den hier würd ich nicht nehmen – viel zu kleiner Kontrastwert, und das Smart-TV-System ist Mist. Ich erklär Ihnen kurz, worauf Sie achten müssen.“ Die Frau lächelt höflich, lässt die technischen Erklärungen über sich ergehen, murmelt etwas Unverständliches und nimmt dann, man kann es kaum glauben, genau diesen Fernseher. Der Mann schüttelt unmerklich den Kopf. Sie lächelt. Vielleicht, weil sie den ersten Fernseher ihres Lebens kauft. Vielleicht, weil sie keine Lust hat, sich belehren zu lassen, wie ihr verstorbener Mann das immer getan hat. Vielleicht, weil de...

"Goldprägung oder Zettelwirtschaft – Was sagt deine Visitenkarte über dich aus?"

Neulich auf einem Netzwerktreffen. Ich, wie immer mit einer kleinen Schachtel frischer Visitenkarten in der Tasche, schlicht, klar, seriös. Kommt ein junger Mann auf mich zu, stellt sich vor und sagt: „Ich mach alles, was mit Medien zu tun hat.“ Ich: „Oh, interessant! Haben Sie eine Karte?“ Er zieht ein kleines Papierviereck aus dem Portemonnaie, handgeschnitten, mit Kugelschreiber beschriftet: "Tom. Insta: tommedialifestyle" Darunter ein kleiner Smiley. Und ein Fleck. Ich hoffe auf Kaffee. Später spricht mich ein Herr an, stylischer Anzug, Bluetooth-Anhänger an der Jacke. Er hält sein Smartphone in die Luft: „Einmal antippen, und du hast alle meine Daten. Inklusive Link zu meinem Podcast.“ Ich tippe. Mein Handy brummt. Instagram, LinkedIn, Spotify, WhatsApp und ein Kalenderlink springen mich an. Ich sage freundlich: „Das ist... viel.“ Er grinst: „So bin ich eben.“ Visitenkarten sind Kommunikationsmittel. Ob aus dickem Hammerschlag-Karton mit Goldschrift oder schnell auf de...

Willst Du meine Frau werden? Öffentlicher Antrag = Öffentliche Erwartung?

Neulich im Biergarten. Zwei Tische weiter: eine Männergruppe mit Damenbegleitung, Fußballtrikots, Applaus und Bierkrüge. Plötzlich Stille. Einer steht auf, schwenkt sein Handy zur Kamera, sinkt auf die Knie, aber nicht etwa für einen Handstand oder ein Schnitzel, sondern… für DEN Moment. Die Frau, sichtlich überrascht, hält gerade eine Brezel in der Hand, als er sie fragt: „Willst du meine Frau werden?“ Was folgt, ist typisch: Raunen, Gekicher, Applaus. Und ein sehr, sehr zögerliches „…ja“. Ob aus Liebe oder aus gesellschaftlichem Druck, sei dahingestellt. Die Frage aller Fragen. Ein Heiratsantrag ist ein Kommunikationsakt mit außergewöhnlicher Tiefenwirkung. Und wenn er auf einer Bühne stattfindet, sei es in der Halbzeitpause im Stadion, im Restaurant oder auf Instagram, dann geht es nicht nur um Zuneigung. Sondern auch um: Inszenierung Symbolwirkung Selbstdarstellung und – leider oft – Druck Denn: Wer öffentlich fragt, nimmt dem anderen den Raum für ein ehrlich...

Motoren, Mythen, Missverständnisse – Kommunikation auf vier Rädern

Einmal im Jahr wird es laut auf dem Autohof in Kirchberg an der Jagst, nicht, weil jemand streitet, sondern weil V8-Motoren röhren, Blinker im Takt von Elvis tanzen und Lackierungen glänzen wie die Erinnerungen an bessere Zeiten. Heute ist es wieder soweit: Das US-Car-Treffen der US-Car-Freunde Schwäbisch Hall ist ein Spektakel für die Sinne, und ein faszinierender Schauplatz gelebter Kommunikation. Denn ja, auch Autos sprechen. Nicht mit Hupen (obwohl, manchmal auch…), sondern mit Haltung, Stil, Sound und Farbe. Der, der mit seinem chromblitzenden Cadillac langsam über den Platz rollt, kommuniziert etwas ganz anderes als die Fahrerin des giftgrünen Dodge Charger, die ihre Burnouts mit einem Grinsen unter der Sonnenbrille quittiert, nach dem Motto, man muss auch mal etwas Verbotenes tun. Und wir? Wir interpretieren. Wir bewerten. Wir projizieren. Wir sehen keine Fahrzeuge – wir sehen Aussagen: – „Der will auffallen.“ – „Die hängt an alten Zeiten.“ – „Warum braucht man so ein Auto?“ –...

"Du musst da unbedingt hin!" – Was Empfehlungen wirklich sagen

Gestern an der Supermarktkasse. Vor mir zwei Damen, etwa Mitte 50, voller Vorfreude auf das anstehende Wochenende. Sagt die eine zur anderen: „Du musst UNBEDINGT mal ins ‚La Taverna‘ gehen. Die haben da die beste Lasagne der Welt!“ Die andere nickt zögerlich: „Ich bin ja eigentlich eher so Team Sushi ...“ Kurze Pause. Dann: „Ach, das liegt bestimmt daran, dass du noch nie eine echte und gute Lasagne gegessen hast.“ Zack. Gut gemeinte Empfehlung? Oder versteckter Angriff auf den Geschmack der Freundin? Was steckt in einer Empfehlung? Empfehlungen sind auf den ersten Blick freundliche Hinweise: „Ich will dir was Gutes tun.“ So scheint die Botschaft. Aber unterschwellig mitschwingen kann auch: „Ich weiß, was gut ist.“ „Wenn du das nicht magst, bist du nicht ganz auf der Höhe.“ „Ich habe einen guten Geschmack, vielleicht einen besseren als du?“ Unsere Tipps sagen also viel über uns selbst, und gar nicht unbedingt über das, was dem anderen gut tun würde. Woher sollen wir d...

Zwei Puppen, ein Gespräch – und die Kunst, sich auf Kommunikation einzulassen

Was inspiriert uns eigentlich dazu, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen? Manchmal ist es die Notwendigkeit, manchmal die Neugier, und manchmal eine Announce bei eBay Kleinanzeigen. So geschehen heute an diesem ganz normalen Arbeitstag. Zwischen Mails, Telefonterminen und anderen Aufgaben entdeckten wir zufällig eine Anzeige: „Zwei Marionetten suchen ein neues Zuhause.“ Kurzes Innehalten. Marionetten? In unserer Stadt? Das Bauchgefühl sagte uns: Das ist kein Zufall. Das ist ein Gespräch in Verkleidung. Also kurzerhand den Anbieter angeschrieben, freundlich, interessiert, mit einem kleinen Schuss Ironie: „Haben die beiden Puppen bereits Namen, oder können wir sie neu taufen?“ Und siehe da: Eine herzerwärmende Konversation entstand. Über Theater, Flohmärkte, über das Basteln, Sammeln und – ganz selbstverständlich – über das Reden. Wir legten eine Arbeitspause ein, fuhren los, „retteten“ die beiden Puppen und trafen auf einen Verkäufer, der nicht nur ein Herz für Marionetten hatte,...

Kommunikation zwischen Generationen – Wenn Opa TikTok, YouTube und Co. erobert

„Was ist denn ein Reel? Ist das was zum Angeln?“ Fragt Opa, während er die Brille zurechtrückt und versucht, auf dem Smartphone den kleinen Pfeil unten links zu drücken. „Nein Opa, Reels sind kurze Videos. Auf Instagram.“ „Aha. Und das ist wie Fernsehen, nur schneller?“ „So ungefähr…“ Und schon sind wir mitten in einer typischen Szene der generationenübergreifenden Kommunikation, irgendwo zwischen Kopfschütteln, Schmunzeln und echtem Bemühen. Wenn Welten aufeinandertreffen und sich neugierig annähern: Die digitale Welt ist heute so selbstverständlich wie der Kaffeefilter früher. Für viele junge Menschen ist „Swipen“ keine Handbewegung, sondern Lebensrhythmus. Für manche Ältere bleibt das Smartphone ein Buch mit sieben Siegeln, für manche, wohlgemerkt ! Denn: Vorsicht vor Schubladendenken! Nicht jede Person über 70 verzweifelt an Technik, viele sind digital fitter als die eigene Enkelgeneration. Und nicht jeder unter 25 hat ständig das Handy in der Hand oder kennt sich damit aus. Genera...