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Der Browserverlauf – Verräter oder Kommunikationsmittel?

Kennst du das auch? Manche Menschen löschen ihren Browserverlauf routinemäßig – warum eigentlich? Nicht, was du jetzt wieder denkst. „Schweinkram“ im Netz ist ja längst gesellschaftsfähig. Nehmen wir lieber ein harmloses Beispiel: Ich oute mich hiermit als Musikliebhaber. Mein Geschmack hat ein breites Spektrum – über Jazz, Hardrock, Metal, Funk, Chansons, Country-Music ist außer Schlager fast alles dabei. Je nach Stimmung. Und da sind wir schon mitten im Thema. Ich habe eine Schwäche für die großen „amerikanischen Diven“: Diana Ross, Oleta Adams, Dionne Warwick, Barbra Streisand, Ella Fitzgerald, um nur ein paar Namen zu nennen. Besonders die emotionalen Balladen in der Live-Version haben es mir angetan, quer durch „all the great lovesongs“. Und was sagt mein Youtube-Browserverlauf dazu? Eine ganze Menge! Mein Lieblingsmensch braucht aus dem Home-Office eine Etage höher nur ein paar Takte aufzuschnappen, um zu rufen: „Ach so geht es uns heute!“ Musikgeschmack als Stimmungsthermomet...

Veränderung und ihre Akzeptanz in unserem Umfeld

An einem sonnigen Tag im Mai schlendere ich durch die Stadt. Heute habe ich Zeit, nur für mich. Die Schaufenster sind bunt dekoriert, ich bleibe stehen und bewundere die Auslagen, als plötzlich eine Bekannte aus vergangenen Tagen neben mir auftaucht. Lange nicht gesehen. Wir beschließen spontan, in ein Café zu gehen. Wir erzählen uns aus unserem Leben, bis dieser Satz fällt: „Du hast dich verändert, du warst doch früher nicht so !“ Das kleine Wörtchen so ist bei uns in der Region ein vollständiger Satz und kommt oft zum Einsatz. Die Verwendung ist vielseitig und bleibt – unausgesprochen, aber deutlich – im Raum schweben. Zur freien Interpretation des Angesprochenen. Ich widerstehe dem Impuls, sofort zu kontern mit: „Du hast dich ja leider gar nicht verändert …“ und verabschiede mich kurz für einen Toilettengang. Dort angekommen, schaue ich in den Spiegel. Gut, ich bin älter geworden, trage meine Haare heute nicht mehr als Löwenmähne wie damals. Auch die Kleidung ist nicht mehr ganz ...

Wenn jemand "ned nett ist, ist er dann bös?"

Unser Azubi kommt gerade vom TÜV ins Büro gestürmt. Mit hochrotem Kopf erzählt er aufgeregt von seinem Erlebnis: „Der Prüfer war total unfreundlich! Kein Lächeln, kaum ein Wort. Hat nur kurz gesagt: ‚Bremsen runter. Plakette gibt’s so nicht.‘ – und zack, weg war er. Boah, was für ein mieser Kerl!“ Wir hören ihm zu und merken, wie schnell so ein Urteil entsteht. In seinem Kopf war die Sache sofort klar: Wer nicht nett ist, muss böse sein. Doch so einfach ist es eben nicht. Manchmal steckt hinter einem knappen, unfreundlichen Auftreten gar keine Boshaftigkeit, sondern schlicht Routine, Stress oder die eigene Art, Dinge ohne Umschweife zu sagen. Der Prüfer hatte keine Zeit für Smalltalk, vielleicht auch einfach keine Lust auf Freundlichkeiten, aber das macht ihn nicht automatisch zu einem schlechten Menschen. Vielleicht hat der Prüfer schon fünf ungeduldige Kunden vor mir gehabt.Vielleicht war er schlicht konzentriert und wollte keine Plauderei. Vielleicht ist seine Art eben nüchtern – o...

Die drei Filter – Blockade oder Brücke?

Neulich meldete sich ein Stammleser unseres Blogs bei mir. Er erzählte mit leuchtenden Augen, wie er die drei Filter des Sokrates nach unserem kürzlichen Beitrag ausprobiert hatte. „Wissen Sie, ich hab’s ganz konsequent gemacht!“, sagte er. „Immer wenn jemand etwas erzählen wollte, habe ich innerlich die drei Fragen gestellt: Ist es wahr? Ist es gut? Ist es notwendig? – Und wenn nicht: Zack, abgebrochen. Gespräch beendet. Ich war richtig stolz, so souverän zu sein.“ Doch schon während er das berichtete, schlich sich ein Nachsatz ein: „Nur … irgendwie kam ich mir nach einer Weile komisch vor. Fast so, als würde ich mit Betonwänden statt mit Menschen reden. Die anderen zogen sich zurück, ich merkte, dass ich etwas kaputtmache. Da habe ich angefangen zu grübeln …“ Dieser Freund der Konfliktbaustelle hatte etwas Wichtiges erkannt: Die drei Filter richten sich in erster Linie an den **Sprechenden**, den Sender der Botschaft . Bevor ich über andere rede, sollte ich mich fragen: Ist das, w...

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Warum Erfahrungen allein nicht die Lösung sind.

Wer kennt sie nicht – die gute Freundin, die aus ihrer eigenen Mitte heraus den Wunsch verspürt, zu helfen? Die deine Probleme wie Ehescheidung, Insolvenz oder Depression selbst schon durchlebt hat und deshalb überzeugt ist: „Weil ich das kenne, kann ich auch dich begleiten.“ Die glaubt, nur wer Ähnliches erlebt hat, könne sich wirklich einfühlen. Das klingt auf den ersten Blick nachvollziehbar, und ist sicher gut gemeint. Aber genau hier sagen wir: Vorsicht! Denn zwischen „zuhören und trösten“ im privaten Rahmen und „professionell begleiten“ im Coaching liegt eine unsichtbare Grenze. Dort, wo aus Empathie ein Angebot mit Anspruch auf Wirksamkeit wird, beginnt ein anderer Maßstab: rechtlich, psychologisch und auch kommunikativ. Hier geht es nicht mehr nur um geteilte Erfahrung, sondern um Verantwortung, Klarheit und um Pflichten, die jeder kennen sollte, bevor man sich Coach nennt. Wenn die gute Freundin jetzt die Suchmaschine ihrer Wahl bemüht, erfährt sie schnell: „Coach“ ist in Deut...

Die besten Kontersprüche – oder doch Kommunikation auf Augenhöhe?

Feiertag, früher Morgen. Vor mir steht ein heißer Kaffee, die Wohnung atmet noch Stille: Katze und Ehemann schlafen, ich habe Zeit für mich. Ich surfe durch die Weiten des Internets, lese Berichte nach, die mich schon länger interessieren – Recherche und Weiterbildung sind ja wichtig. Plötzlich springt mir in fetter Schrift ein Vorschlag entgegen: .webinar# – Lerne, wie du jeden Spruch souverän konterst. Klingt zunächst nicht uninteressant. Ich klicke. Eine vermeintliche „Trainerin für Kommunikation“ lächelt mir von der Seite entgegen, flankiert von großen Versprechen: vier Sätze, um „manipulative Menschen außer Gefecht zu setzen“, Konter, „die jeden sprachlos machen“. Ich scrolle und scrolle, der Text ist lang. Endlich erreiche ich die angekündigten Zaubersätze. Dort steht zum Beispiel: „Du bist zu sensibel.“ – „Nein, ich nehme wahr, was du verdrängst.“ Oder: „Du hast dich verändert.“ – „Richtig, das nennt sich Weiterentwicklung.“ Ein anderer Vorschlag lautet: „Danke für deine Meinun...

Welche Werte sind dir wichtig? Ein Perspektivwechsel, der Klarheit schafft

Die meisten Menschen zucken zusammen, wenn sie über die eigenen Werte schreiben sollen: „Klingt nach Eigenlob, nach Selbstbeweihräucherung…“ Verständlich. Deshalb nutzen wir im Coaching einen kleinen Trick – inspiriert u. a. von dem australischen Psychologen Russ Harris: Stell dir vor, dein bester Freund / deine beste Freundin und/oder dein Partner / deine Partnerin wird von einem Fernsehteam interviewt und der Beitrag läuft landesweit. Was würdest du gern hören, was sie über dich sagen? Plötzlich sprichst du nicht mehr über dich, sondern Menschen, die dich kennen, über das, was ihnen an dir wichtig ist. Das nimmt den Druck raus und macht Werte konkret. Warum das funktioniert? Fremdperspektive statt Eigenlob: Du schaust durch die Augen derer, die dir nah sind. Vom Etikett zum Verhalten: Aus „Ich bin fair“ wird „Sie hört in Konflikten beide Seiten an – auch unter Zeitdruck.“ Werte ≠ Ziele: Werte sind die Richtung (Kompass), keine Meilensteine. Sie gelten auch dann, wenn niemand zu...