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Pssst, hast du schon gehört … – „Stille Post“ und „Geheimnisse“ hinter vorgehaltener Hand

An einem schönen Samstagmorgen besuche ich nach langer Zeit mal wieder den Markt. Heute soll es ein Abendessen aus regionaler Küche geben. Vielleicht noch ein Apfelkuchen dazu – mal sehen, was es auf dem Markt Leckeres gibt. Mit dem Einkaufszettel in der Hand schlendere ich von Stand zu Stand. Mein Korb ist schon gut befüllt, als sich eine Bekannte nähert. Wir halten ein kurzes „Schwätzle“, wie es auf dem Markt eben so üblich ist, wenn man sich trifft. Am Ende unseres Smalltalks frage ich sie: „Ich brauche noch Äpfel. Du bist doch häufiger hier – welcher Marktbeschicker hat die leckersten Äpfel?“ Die Antwort kommt prompt: „Das ist der Herr S. da hinten, der Stand mit dem roten Dach. Da solltest du aber nicht kaufen. Weißt du, er soll nämlich damals …“ Hinter vorgehaltener Hand erfahre ich die ganze Geschichte über Herrn S. – jedoch so laut, dass umstehende Passanten jedes Wort verstehen. Eine „Offenbarung“ von menschlichen Abgründen, wie die Bekannte es nennt. Gelegentlich nicke ich, ...

Erst spiegeln, dann sprechen

„Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“ Nur ein altes Sprichwort? Eigentlich ja – und doch begegnet es uns täglich, auch heute. Bevor ich etwas kundtue – verbal, körperlich, medial –, lohnt der Blick in den Spiegel: Wie tue ich es? Was will ich damit bewirken? Ob ich beim Bäcker ein Brötchen kaufe, mich im Autohaus beschwere, weil die frisch erworbene „Kutsche“ nicht meinen Erwartungen entspricht, oder ob ich meine Fähigkeiten anbiete und mich – modern gesprochen – für einen Job bewerbe: Immer geht es darum, etwas zu erzielen, zu erwarten, zu erreichen. Gleiches gilt, wenn ich Verträge abschließe, verhandle, einkaufe, verkaufe. In jedem dieser Momente tritt mein Gegenüber auf die Bühne – ob Mensch, Maschine oder elektronisches System. Und dann entscheidet nicht nur was ich sage, sondern vor allem wie ich es sage: mit welcher Haltung, welchem Ton, welcher Klarheit. Wer sein eigenes Verhalten vor dem Senden kurz spiegelt, steuert das Echo mit. Denn die Reaktion ist se...

Humor - ein ernstes Thema!

Mein steinaltes Telefon ohne Nummernanzeige klingelt. Noch nicht ganz wach am frühen Morgen, nehme ich ab und will gerade ein müdes „Hallo“ in den Hörer nuscheln, als mich eine Stimme unvermittelt begrüßt: „Guten Tag, hier spricht der örtliche Entenbadeverein. Sie haben Ihre Enten zum Baden angemeldet – wo bleiben Sie denn?“ Meine Synapsen überschlagen sich, veranstalten ein Händeschütteln, als wollten sie sich gegenseitig vorstellen. Ich setze zu einer Antwort an, aber ich komme nicht zu Wort. Am anderen Ende höre ich nur prustendes Lachen: „Na, du warst auch schon mal schlagfertiger.“ Und schon plappert mein Gegenüber munter drauflos. Worum es ging, nehme ich gar nicht mehr richtig wahr. Mein Kopfkino zeigt mir gerade einen Teich voller Enten mit Schwimmreifen und Badehäubchen, die fröhlich ihre Runden drehen … Kurz überlege ich, ob ich diese „Meldung“ am Telefon jetzt lustig finden soll, oder einfach nur dämlich. Ähnliche Beispiele kommen mir in den Sinn: etwa die Ansage „Hier ist...

„Nebenan“ oder mittendrin? – Wie viel Plattform braucht Nachbarschaft?

Heute flatterte Werbung in mein E-Mail-Postfach: „nebenan.de ist 10!“. Vier Millionen Menschen und über 100.000 Gewerbe sollen dort miteinander vernetzt sein. Ein Jubiläum, verbunden mit Rabattaktionen und bunten Jubelbotschaften. Und da stellt sich mir die Frage: Brauche ich wirklich ein digitales Portal, um mich meinem Nachbarn vorzustellen? Oder genügt es nicht, einfach mal an die Tür zu klopfen und „Hallo, ich bin der Neue von nebenan“ zu sagen? Offensichtlich ist der Bedarf aber da, wenn die Plattform schon 10 Jahre besteht. Plattformen wie „Nebenan“ haben zweifellos Vorteile : Sie verbinden Menschen, die sich sonst vielleicht nie begegnen würden. Man erreicht unkompliziert viele Nachbarn gleichzeitig – für Kleinanzeigen, Werkzeugverleih, Babysittergesuche. Für Zugezogene oder Schüchterne kann es leichter sein, einen ersten Schritt online zu machen. Und mancher Konflikt (Stichwort: „Wer hat den Parkplatz blockiert?“) kann auf digitalem Weg nüchterner angesprochen werden. Aber es...

Erst denken, dann reden – und immer lächeln!

Memo an mich: erst denken, dann reden – nicht umgekehrt! Es ist schon ein Weilchen her: Ich wollte Babysocken für eine Glückwunschkarte besorgen. Also auf in den Laden, die passende Abteilung gesucht – kann ja nicht so schwer sein, dachte ich. Hinten links, da muss es sein. Da stehe ich nun, mit meinen 1,50 m Körpergröße, den Kopf im Nacken, die Augen auf wunderhübsche Babysöckchen gerichtet – in gefühlt fünf Metern Höhe. Unerreichbar! Mein Blick wandert durch den Laden, auf der Suche nach einer Verkäuferin mit „helfenden Händen“. Keine in Sicht. Mist! Ich überlege schon, ob die Regale nebenan mein Körpergewicht aushalten, als ein Pärchen den Laden betritt. Er, so ca. 1,97 m groß – wunderbar! Ich, höflich wie ich bin, gehe auf die Dame zu und höre mich sagen: „Darf ich mir mal kurz Ihren Mann ausleihen?“ Sie zieht eine Augenbraue hoch: „Für was genau?“ Meine Antwort: „Für die Babyabteilung.“ Er grinst, sie zieht die zweite Augenbraue hoch. In diesem Moment wird mir bewusst, dass mein...

Kleider machen Leute, auch noch heute …

Master or Servant? (frei nach Depeche Mode, 1984), oder auch "Des Kaisers neue Kleider": Wir sehen, was wir sehen wollen, und Kleidung mischt hier kräfitg mit: Mir fiel schon früher auf: Wie du angezogen bist, entscheidet oft darüber, wie du wahrgenommen wirst. Ein Status. Ein Rang. Neulich in Aalen: Ich komme aus der Tiefgarage die Treppe hoch, durch die Ausgangstür. „Guten Tag“, werde ich freundlich begrüßt. Die Person kennt mich nicht – und ich sie auch nicht. Warum also die spontane Höflichkeit? Natürlich: Ich trage ein weißes Hemd. Offenbar reicht das, um als Respektperson zu gelten. Also: Wahrnehmung ist Schein. Wer bist du? Und wer ist das „Du“ im Blick der anderen? Und wem gehört wessen Geschichte? Fragen über Fragen ... Tipps der Konfliktbaustelle: Intention prüfen: Bevor du losgehst, frag dich: Welche Botschaft sendet meine Kleidung heute, bewusst oder unbewusst? Kontext abgleichen: Ort, Anlass, Gegenüber. Passt mein Auftritt zur Situation, und vor allem zu ...

Resilienz: Kein Häkchen-Thema

Neulich saß ich in der Bahn neben jemandem mit frisch erobertem „Resilienz“-Workbook. Gelbes Post-it vorne drauf: „Erledigt ✔︎“. Kaum war der Zettel bewundert, vibrierte das Handy – drei Mails mit „DRINGEND“, dazu die Nachricht von zuhause: „Wir müssen heute Abend noch reden.“ Der Blick wechselte von stolz zu leicht gequält. Genau da liegt der Punkt: Ein Seminar ist wunderbar, aber das Leben wartet nicht höflich, bis wir im Kurs alles abgeheftet haben. Resilienz ist in Mode. Vom Krankenhausflur bis zum Coworking-Space werden Seminare angeboten, und das klingt herrlich effizient: „Ich buche was, dann ist das Thema durch.“ Schön wär das. Ein gutes Seminar kann ein kräftiger Anschub sein, es gibt Sprache, Modelle, Übungen. Doch Resilienz ist kein Event, sie ist eine Praxis, eine Haltung, die man sich erarbeitet. Sie zeigt sich nicht im Seminarraum, sondern zwischen E-Mails und Missverständnissen, zwischen Wäschekorb, Wochenplan und „Wir müssen reden“. Im Beruf beginnt das oft ganz unsp...