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Es werden Posts vom April, 2025 angezeigt.

Konfliktbaustelle: Wer wegschaut, macht mit.

„Das Einzige, was nötig ist, damit das Böse triumphiert, ist, dass gute Menschen nichts tun.“ (zugeschrieben Edmund Burke) Wir denken bei diesem Satz meist sofort an große Katastrophen, an Kriege oder Ungerechtigkeiten. Aber das Böse, das Unheil, beginnt oft viel leiser. Viel unscheinbarer. Und oft mitten unter uns. Vereinsamung. Sprachlosigkeit. Gleichgültigkeit. Nicht immer, weil jemand bewusst ablehnt. Sondern, weil wir nicht hinschauen. Weil wir nicht ansprechen. Weil wir denken, es wird sich schon jemand anderes kümmern. Wer wegschaut, macht mit. In einer Zeit, in der wir ununterbrochen miteinander vernetzt sind, verpassen wir manchmal genau das: Echte persönliche Ansprache. Wahrhaftige Kommunikation. Wer den Kollegen schweigend übergeht, weil er „heute nicht die Energie dafür hat“, macht mit. Wer den Nachbarn ignoriert, weil „es schon irgendwie nicht meine Sache ist“, macht mit. Wer wegsieht, wenn jemand allein auf der Parkbank sitzt, macht mit. Nicht, weil ...

Konfliktbaustelle: Die Dame, der König – und das fragile Spielfeld der Beziehungen

Manchmal lassen sich große Wahrheiten in Spielen erkennen. Zum Beispiel im Schach. Die stärkste Figur auf dem Brett ist die Dame. Schnell, mächtig, vielseitig. Sie greift an, verteidigt, deckt ab, rettet Figuren, zwingt den Gegner zu Fehlern. Und doch: So mächtig sie auch ist – das Spiel dreht sich nicht um sie. Es dreht sich um den König. Fällt der König, ist das Spiel vorbei – für ihn, für die Dame, für alle anderen. Beziehungen sind oft wie eine Schachpartie. Manche Menschen in einer Beziehung übernehmen die Rolle der Dame: Sie schützen, sie kämpfen, sie halten das Gefüge zusammen. Sie sind stark, flexibel, klug. Aber all die Kraft nützt wenig, wenn der König – das Zentrum der Verbindung, das Fundament der Beziehung – vernachlässigt oder verletzt wird. Wenn Vertrauen, Respekt oder Nähe fallen, ist es egal, wie viel Stärke die Einzelnen noch haben: Das Spiel ist verloren. Was bedeutet das für echte Beziehungen? Stärke ersetzt nicht Bindung. Es reicht nicht, "all...

Konfliktbaustelle Sehnsucht – Wenn die Chefin fehlt

Heute ist es stiller bei uns. Die Energie ist anders. Der Rhythmus stimmt nicht ganz. Denn Siggi ist in München, den ganzen Tag bei einer Fortbildungsveranstaltung – klug, konzentriert, souverän wie immer. Und wir? Wir sind daheim. Mikel hält die Stellung, und zwar nicht allein: Mit dabei sind die drei Königspudel – und Mary-Lou, die kleine Lhasa Apso-Dame mit großem Herzen und leichtem Kontrollbedürfnis, besonders, was die Keksschublade anbelangt. Aber ganz ehrlich: Wir vermissen die Chefin jetzt schon. Und nein – das ist keine Schwäche. Das ist Bindung. Nähe. Vertrauen. Das ist das stille Wissen: Da fehlt jemand, der sonst selbstverständlich da ist. Und das darf man spüren. Und sagen. Sehnsucht ist keine Schwäche – sie ist Beziehung auf Distanz In einer Welt, die so oft auf Selbstoptimierung, Stärke und Produktivität getrimmt ist, wirkt Sehnsucht fast wie ein Störfaktor. „Reiß dich zusammen!“ „Ist doch nur ein Tag!“ „Du bist doch nicht abhängig, oder?“ Doch in Wahrheit zeigt Sehn...

Verpasste Gelegenheiten – wenn Schweigen teurer ist als ein Porsche

Manchmal ärgert man sich Jahre später noch: Da war diese Messe – Retro Classics Stuttgart, irgendwann in den 2000ern. Ein wunderschöner Porsche 911, luftgekühlt, im Originalzustand. Preis? Damals ein Schnäppchen. Man hätte zuschlagen können. Man hätte zuschlagen sollen. Man hat nicht. Heute wäre dieser Porsche vermutlich das Dreifache wert – und der Blick auf alte Verkaufsfotos tut fast körperlich weh. Verpasste Gelegenheiten im Leben haben dieses eigenartige Talent, mit den Jahren immer größer zu werden: Sie bekommen Zinsen. Emotionale Zinsen. Und das ist bei zwischenmenschlichen Beziehungen oft noch viel schlimmer als bei alten Sportwagen. Emotionale Gelegenheiten: das Gespräch, das man nicht gesucht hat, die Entschuldigung, die man verschoben hat, das Kompliment, das man sich verkniffen hat, das mutige „Ich liebe dich“, das nie über die Lippen kam. Damals vielleicht aus Unsicherheit. Oder Stolz. Oder Angst. Heute vielleicht aus Bedauern. Und anders als bei O...

Anruf genügt - Win-Win-Win-Situation

Heute vor dem Familiengericht: Die Liebe hatte die Ehefrau verlassen, so dass sie die Scheidung beantragte. Da aber die Liebe eines anderen Mannes über sie gekommen war und sie ein Kind bekommen hatte, ließ sie durch ihre Anwältin im Scheidungsantrag mitteilen, dass der Ehemann nicht der leibliche Vater des Kindes sei. Deshalb sitzen wir heute hier. Denn das Gesetz sagt, dass Kinder, die in eine bestehende Ehe hineingeboren werden, als Kinder des Ehemannes gelten, es sei denn, ein Gericht stellt etwas anderes fest. Genau das hat der Ehemann über mich beantragt. Der Termin ist da, alle sind da, nur die Frau nicht. Damit wir nicht vergeblich warten, bitte ich den Mann, seine Frau auf dem Handy anzurufen. Das habe er schon lange nicht mehr gemacht, sagt er und murmelt noch, ob sie wohl rangehe? Ja, sie geht ran, und es stellt sich heraus, dass sie vor dem falschen Gericht steht, 40 Kilometer entfernt, weil man sich dort schon einmal wegen anderer Streitigkeiten getroffen hat und sie die ...

Konfliktbaustelle Küche: Wenn das Spülmaschinenmonster zuschlägt – oder: Wie Marshall Rosenberg meine Beziehung rettete!

Szenen einer Ehe: Freitagabend. Die Küche. Zwei Erwachsene. Eine Spülmaschine. Sie: „Wie schwer kann es sein, die Tassen richtig rum einzuräumen?!“ Er: atmet tief ein, denkt über Flucht nach – entscheidet sich fürs Augenrollen. 💥 Zack, Konflikt-Baustelle eröffnet. So oder so ähnlich beginnt in vielen Haushalten eine Konfrontation, die harmlos wirkt – und doch tief blicken lässt. Es geht nämlich nie nur um Tassen, sondern um Gefühle, Bedürfnisse und Interpretation. Und da kommt einer ins Spiel, den man ruhig öfter zu Tisch bitten sollte: Marshall B. Rosenberg – Vater der gewaltfreien Kommunikation (GFK) Oder wie ich lieber dazu sage: Wertschätzende Kommunikation für ganz normale Menschen mit ganz normalen Nerven. Was hätte Marshall in der Küche getan? Statt „Du räumst die Spülmaschine immer falsch ein“ (was ungefähr so klingt wie: „Du bist zu blöd zum Leben“), hätte Rosenberg vermutlich zu einem Vier-Gänge-Menü der Kommunikation eingeladen: 1. Beobachtung statt Bewertung Statt:...

Konfliktbaustelle unterwegs: Beifahrer, Botschaften und der alltägliche Konflikt

Das Lied „Beifahrer“ von die feisten trifft dieses Phänomen auf den Punkt. Herrlich überspitzt schildert es die Dynamik zwischen Fahrer und Beifahrer – oder, genauer: zwischen Mensch und Mensch, die beide glauben, sie hätten die richtige Sicht auf das Verkehrsgeschehen – und aufeinander. Denn was da zwischen Autoradio und Handschuhfach passiert, ist Kommunikation pur – meist unfreiwillig ehrlich, oft emotional übersteuert, selten gelingt die Kurve zur Klarheit. Ein idealer Fall für das Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun: „Eine Nachricht hat immer vier Seiten.“ Was wir sagen, ist nur die halbe Miete – wie es ankommt, hängt davon ab, was alles mitschwingt. Ein Beispiel aus dem Beifahreralltag: Die Beifahrerin sagt: „Hier vorne ist 30.“ Was der Fahrer hört – oder hören könnte: Sachinhalt: „Die Geschwindigkeit ist hier auf 30 km/h begrenzt.“ Selbstoffenbarung: „Ich achte auf Regeln und will sicher fahren.“ Oder: „Ich bin nervös, w...

Konfliktbaustelle am Sonntag: Wenn Schweigen lauter ist als Streit

Heute Morgen im Café. Zwei Menschen, wohl ein Paar, sitzen sich gegenüber. Sie schweigen. Nicht das entspannte, stille Schweigen, das Nähe schafft – sondern das spitze, gespannte Schweigen, das die Luft dicker macht als jeder Vorwurf. Ich beobachte sie unauffällig interessiert, ich spüre deutlich: Hier tobt ein Konflikt, lautlos. Es erinnert mich daran, wie oft wir glauben, ein Konflikt sei nur dann real, wenn er laut wird. Wenn Türen knallen, Stimmen sich überlagern, Wörter wie Pfeile fliegen. Aber oft sind es genau die unausgesprochenen Dinge, die am heftigsten wirken. „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ – Paul Watzlawick Schweigen ist auch Kommunikation. Es sagt: Ich ziehe mich zurück. Oder: Du bist mir gerade zu viel. Manchmal: Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Und Schweigen kann Schutz sein. Nicht jeder Konflikt muss sofort auf den Tisch. Aber kein Konflikt löst sich von selbst, nur weil er verschwiegen wird. Manchmal braucht es Mut, das erste Wort zu sagen. O...

Karmapunkte vor dem Amtsgericht

Ich hatte es mal wieder eilig. Auf den letzten Drücker erreiche ich das Amtsgericht – der Termin ruft, das Adrenalin steigt. Ich ergattere tatsächlich einen Parkplatz direkt davor. Ein Wunder! Doch dann der Klassiker: Parkscheinautomat nimmt nur Münzen, natürlich habe ich keine dabei. Kartenzahlung? Fehlanzeige. Ich überlege hektisch, wen ich ansprechen könnte. Da kommt ein junger Mann auf mich zu – Jogginganzug, Tüten vom Bäcker in der Hand, offenbar gerade auf dem Weg nach Hause. Ich frage ihn freundlich, ob er vielleicht einen Fünfeuroschein wechseln könne. Er lächelt entschuldigend: „Ich hab nur zwei Euro – aber die schenke ich Ihnen gern.“ Ich zögere, will ablehnen – aber er besteht darauf. „Nimm es als gute Gabe.“ Das waren seine Worte. Nichts Großes, kein Pathos, einfach freundlich. Er dreht sich um und eilt weiter – vermutlich wartet daheim eine hungrige Familie auf frische Brötchen. Ich bin berührt. Von der kleinen Geste. Vom Vertrauen. Ich bedanke mich herzlich – nic...