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Es werden Posts vom Oktober, 2025 angezeigt.

Gedankenknoten lösen: Vom Berg zum Kieselstein

Kennt ihr das? Du kommst nach einem ereignisreichen Tag nach Hause. Du setzt dich hin, der frisch aufgebrühte Relax-Tee dampft in der Tasse, und du lässt den Tag noch einmal Revue passieren. „Da sind sie wieder, meine drei Probleme …“ – man hört förmlich Otto Waalkes kichern. Aussichtslos, nicht zu bewältigen, wie soll das weitergehen? Das Gedankenkarussell dreht sich in Höchstgeschwindigkeit. „Warum immer ich?“, ist dein erster Gedanke. Es könnte doch alles so einfach sein – aber nein, nicht bei mir. Der Tee ist inzwischen gut durchgezogen, du lehnst dich zurück und wartest darauf, dass er seine magische Wirkung entfaltet, so wie es auf der Packung steht. Fehlanzeige! Kurz überlegst du, dem Hersteller eine wütende E-Mail zu schreiben, dass die versprochene Wirkung des Tees nur leere Worte sind – da geht die Tür auf. Dein Partner kommt, ebenfalls erschöpft von einem langen Tag. Er bemerkt sofort die Spannung, die in der Luft liegt, und sagt: „Wirkt der Tee heute nicht? Was ist passier...

Metallica oder Helene Fischer? – Wenn das Radio im Büro zum Konflikt wird

Montagmorgen, 9 Uhr, das Büro füllt sich langsam zur Teambesprechung und zum Start in die Woche. Die Kaffeemaschine brummt, Tastaturen klappern – und im Hintergrund läuft SWR 1 Hitparade. Gerade eben sang Reinhard Mey von „Über den Wolken“, als plötzlich Metallica mit harten Gitarrenriffs übernimmt. Kollege Sven reißt begeistert die Arme hoch: „Endlich mal richtige Musik!“ Kollegin Anita verzieht das Gesicht: „Das ist ja furchtbar, wie soll man denn dabei arbeiten?“ Noch bevor der Streit abebbt, folgt Helene Fischer mit „Atemlos durch die Nacht“. Jetzt verdreht auch Kollege Sven die Augen: „Das halte ich nicht aus.“ Und so sind die Fronten klar: Musikgeschmack im Büro – ein Konflikt, der mit schöner Regelmäßigkeit aufflammt, nicht nur hier bei uns. Musik hat eine unglaubliche emotionale Kraft. Was für den einen Motivation ist, bedeutet für die andere Stress. Die SWR 1 Hitparade liefert mit ihrer Mischung aus allen Genres eine perfekte Bühne für dieses Spannungsfeld: Von Oldies bis Roc...

Lob oder Lobhudelei – wenn Anerkennung das Team kippt

Vor vielen Jahren habe ich Auszubildende betreut. Junge Menschen sollte man mit Feingefühl auf das Arbeitsleben vorbereiten, schließlich hat jeder einen eigenen Charakter. Die einen sind wie ein zartes Pflänzchen, das man behutsam gießen und stärken muss. Andere brauchen eine klare, freundliche, aber bestimmte Anleitung. Diese Mischung hat immer gut funktioniert: Die Azubis hatten nicht nur ordentliche Noten in den Prüfungen, sie haben auch etwas fürs Leben mitgenommen. Heute begegnen mir jedoch neue Charaktere. Ohne ständiges Lob geht scheinbar gar nichts mehr! Und damit meine ich nicht ein „Das hast du gut gemacht“, sondern ausuferndes Lob, fast schon Lobhudelei. Das Sprichwort „jemanden über den Klee loben“ trifft es ganz gut. Stellt euch eine typische Arbeitssituation vor: Ein Gemeinschaftsprojekt steht an. Ideen werden gesammelt, Aufgaben verteilt, das Team legt motiviert los. Wie so oft gibt es ein bis zwei Personen, die das Hauptthema erarbeiten, während die anderen wichtige T...

Zwischen Achtsamkeit und Unruhe: Stillsitzen muss nicht immer gut sein

Loriot hat es schon vor Jahrzehnten auf den Punkt gebracht: Die Frau steht in der Küche beim Abwasch, der Mann sitzt im Wohnzimmer auf dem Sofa. Auf ihre wohlmeinenden Vorschläge – ein Buch lesen, spazieren gehen, fernsehen, irgendetwas tun – antwortet er nur beharrlich: „Ich will einfach nur hier sitzen.“ Ein Sketch, der damals zum Lachen brachte – und heute erstaunlich aktuell wirkt. Denn die Fähigkeit, „einfach mal nur zu sitzen“, scheint vielen Menschen verloren gegangen zu sein. Wir leben in einer Zeit, in der Stille fast schon verdächtig wirkt. Das Smartphone meldet sich mit Nachrichten. Podcasts, Playlists oder Streams laufen im Hintergrund. Selbst beim Warten an der Ampel greifen wir reflexartig zum Display. Es scheint, als hätten wir verlernt, uns selbst auszuhalten. „Nichts tun“ löst bei vielen sofort das Gefühl aus, Zeit zu verschwenden. Lieber lassen wir uns berieseln, beschäftigen uns – Hauptsache nicht stillsitzen. Doch genau diese Stille ist wertvoll. Wer sich im Wald ei...

6:4 gegen die Liebe – wenn Checklisten Beziehungen zerstören

In der letzten Mediation beklagte sich die Ehefrau darüber, ihr Mann erfülle ja schon länger nicht mehr die "Kriterien" und Anzeichen für wahre Liebe. Sie könne so nicht mehr in ihrer Ehe weiterleben. Zur Erklärung verwies sie auf unsere verblüffte Frage auf You-Tube, dort habe sie das "getestet". Wir alle kennen diese Videos auf YouTube: „10 Zeichen für die wahre Liebe“, „7 Möglichkeiten, Narzissten zu entlarven“. Coaches und Berater und selbsternannte Experten erklären dort, wie man Beziehungen besser versteht, oder glaubt, verstehen zu können. Doch was passiert, wenn jemand die „10 Zeichen der wahren Liebe“ tatsächlich wie eine Checkliste anwendet? Er prüft Punkt für Punkt, hakt ab, und kommt am Ende zu dem Ergebnis: 4 erfüllt, 6 nicht erfüllt. Also: 6 zu 4 gegen die wahre Liebe mit meinem Partner. Und genau hier schlägt das sog. Thomas-Theorem zu. „Wenn Menschen Situationen als real definieren, sind sie in ihren Folgen real.“ (William I. Thomas, 1928) Es ist...

Lenkrad & Lebensstil – was wir mit unserem Fahrstil kommunizieren

Ich glaube, einen Cadillac Escalade zu fahren ist wie Tango tanzen. Ich helfe euch gerne auf die Sprünge: Ein Cadillac Escalade ist ein ziemlich großes Ungetüm von SUV, das man ehrfürchtig „erklimmt“ und mit einer gewissen Hochachtung vorsichtig in Bewegung setzt. Anfangs fährt man eher ängstlich, fast zurückhaltend, nimmt mehr Rücksicht auf andere als auf sich selbst. Doch nach einiger Zeit wird man sicherer, selbst auf schmalen Straßen. Man „fordert“ den Gegenverkehr in gewisser Weise heraus, noch einmal über die Fahrzeugbreite seines eigenen Wagens nachzudenken … und die eigene Fahrspur im Bruchteil einer Sekunde neu zu berechnen. Und Tango? Jeder denkt: „Ein schwieriger Tanz! Niemand traut sich da ran …“ Der Tanzbereich, die schnellen Bewegungen, die Angst, Fehler zu machen. Unser Fahrstil und unser Tanzstil sind also mehr als reine Fortbewegung – sie sind Ausdruck unserer inneren Haltung. Ähnlich wie beim Tanz senden wir auch im Straßenverkehr durch unseren Fahrstil Botschafte...

Komplimente haben ein Verfalldatum, Beleidigungen eher nicht

Ein Treffen mit Freunden steht auf meinem gut gefüllten Terminplan. „Abendessen“ ist da rot markiert. Was hat mich nur veranlasst, alle Freunde zu mir nach Hause einzuladen? Zum Glück bringt jeder der Gäste etwas mit. Für mich bedeutet das: Die alleinige Küchenschlacht fällt heute aus. Durchatmen! Ich komme etwas früher nach Hause und beginne, den Tisch hübsch zu dekorieren. Passende Servietten, es wird ein mediterraner Abend. Das „i-Tüpfelchen“ fehlt noch. Ein Blick in den Garten, die Schere in der Hand – und schon schneide ich Kräuter und ein paar Blumen. Es entsteht ein Ensemble, nicht aufdringlich, aber liebevoll, auf dem bereits gedeckten Tisch. Ich bin zufrieden mit meinem Arrangement. Es bereitet mir Freude, etwas Einladendes, Behagliches zu gestalten. Die Gäste treffen ein. Das erste „Wow“ beim Anblick des Tisches lässt nicht lange auf sich warten. Lob über die Dekoration, die erste Flasche Wein wird geöffnet, ich seufze zufrieden. Balsam für die Seele. Dann kommt Uwe. Selbs...

Der Browserverlauf – Verräter oder Kommunikationsmittel?

Kennst du das auch? Manche Menschen löschen ihren Browserverlauf routinemäßig – warum eigentlich? Nicht, was du jetzt wieder denkst. „Schweinkram“ im Netz ist ja längst gesellschaftsfähig. Nehmen wir lieber ein harmloses Beispiel: Ich oute mich hiermit als Musikliebhaber. Mein Geschmack hat ein breites Spektrum – über Jazz, Hardrock, Metal, Funk, Chansons, Country-Music ist außer Schlager fast alles dabei. Je nach Stimmung. Und da sind wir schon mitten im Thema. Ich habe eine Schwäche für die großen „amerikanischen Diven“: Diana Ross, Oleta Adams, Dionne Warwick, Barbra Streisand, Ella Fitzgerald, um nur ein paar Namen zu nennen. Besonders die emotionalen Balladen in der Live-Version haben es mir angetan, quer durch „all the great lovesongs“. Und was sagt mein Youtube-Browserverlauf dazu? Eine ganze Menge! Mein Lieblingsmensch braucht aus dem Home-Office eine Etage höher nur ein paar Takte aufzuschnappen, um zu rufen: „Ach so geht es uns heute!“ Musikgeschmack als Stimmungsthermomet...

Veränderung und ihre Akzeptanz in unserem Umfeld

An einem sonnigen Tag im Mai schlendere ich durch die Stadt. Heute habe ich Zeit, nur für mich. Die Schaufenster sind bunt dekoriert, ich bleibe stehen und bewundere die Auslagen, als plötzlich eine Bekannte aus vergangenen Tagen neben mir auftaucht. Lange nicht gesehen. Wir beschließen spontan, in ein Café zu gehen. Wir erzählen uns aus unserem Leben, bis dieser Satz fällt: „Du hast dich verändert, du warst doch früher nicht so !“ Das kleine Wörtchen so ist bei uns in der Region ein vollständiger Satz und kommt oft zum Einsatz. Die Verwendung ist vielseitig und bleibt – unausgesprochen, aber deutlich – im Raum schweben. Zur freien Interpretation des Angesprochenen. Ich widerstehe dem Impuls, sofort zu kontern mit: „Du hast dich ja leider gar nicht verändert …“ und verabschiede mich kurz für einen Toilettengang. Dort angekommen, schaue ich in den Spiegel. Gut, ich bin älter geworden, trage meine Haare heute nicht mehr als Löwenmähne wie damals. Auch die Kleidung ist nicht mehr ganz ...

Wenn jemand "ned nett ist, ist er dann bös?"

Unser Azubi kommt gerade vom TÜV ins Büro gestürmt. Mit hochrotem Kopf erzählt er aufgeregt von seinem Erlebnis: „Der Prüfer war total unfreundlich! Kein Lächeln, kaum ein Wort. Hat nur kurz gesagt: ‚Bremsen runter. Plakette gibt’s so nicht.‘ – und zack, weg war er. Boah, was für ein mieser Kerl!“ Wir hören ihm zu und merken, wie schnell so ein Urteil entsteht. In seinem Kopf war die Sache sofort klar: Wer nicht nett ist, muss böse sein. Doch so einfach ist es eben nicht. Manchmal steckt hinter einem knappen, unfreundlichen Auftreten gar keine Boshaftigkeit, sondern schlicht Routine, Stress oder die eigene Art, Dinge ohne Umschweife zu sagen. Der Prüfer hatte keine Zeit für Smalltalk, vielleicht auch einfach keine Lust auf Freundlichkeiten, aber das macht ihn nicht automatisch zu einem schlechten Menschen. Vielleicht hat der Prüfer schon fünf ungeduldige Kunden vor mir gehabt.Vielleicht war er schlicht konzentriert und wollte keine Plauderei. Vielleicht ist seine Art eben nüchtern – o...

Die drei Filter – Blockade oder Brücke?

Neulich meldete sich ein Stammleser unseres Blogs bei mir. Er erzählte mit leuchtenden Augen, wie er die drei Filter des Sokrates nach unserem kürzlichen Beitrag ausprobiert hatte. „Wissen Sie, ich hab’s ganz konsequent gemacht!“, sagte er. „Immer wenn jemand etwas erzählen wollte, habe ich innerlich die drei Fragen gestellt: Ist es wahr? Ist es gut? Ist es notwendig? – Und wenn nicht: Zack, abgebrochen. Gespräch beendet. Ich war richtig stolz, so souverän zu sein.“ Doch schon während er das berichtete, schlich sich ein Nachsatz ein: „Nur … irgendwie kam ich mir nach einer Weile komisch vor. Fast so, als würde ich mit Betonwänden statt mit Menschen reden. Die anderen zogen sich zurück, ich merkte, dass ich etwas kaputtmache. Da habe ich angefangen zu grübeln …“ Dieser Freund der Konfliktbaustelle hatte etwas Wichtiges erkannt: Die drei Filter richten sich in erster Linie an den **Sprechenden**, den Sender der Botschaft . Bevor ich über andere rede, sollte ich mich fragen: Ist das, w...

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Warum Erfahrungen allein nicht die Lösung sind.

Wer kennt sie nicht – die gute Freundin, die aus ihrer eigenen Mitte heraus den Wunsch verspürt, zu helfen? Die deine Probleme wie Ehescheidung, Insolvenz oder Depression selbst schon durchlebt hat und deshalb überzeugt ist: „Weil ich das kenne, kann ich auch dich begleiten.“ Die glaubt, nur wer Ähnliches erlebt hat, könne sich wirklich einfühlen. Das klingt auf den ersten Blick nachvollziehbar, und ist sicher gut gemeint. Aber genau hier sagen wir: Vorsicht! Denn zwischen „zuhören und trösten“ im privaten Rahmen und „professionell begleiten“ im Coaching liegt eine unsichtbare Grenze. Dort, wo aus Empathie ein Angebot mit Anspruch auf Wirksamkeit wird, beginnt ein anderer Maßstab: rechtlich, psychologisch und auch kommunikativ. Hier geht es nicht mehr nur um geteilte Erfahrung, sondern um Verantwortung, Klarheit und um Pflichten, die jeder kennen sollte, bevor man sich Coach nennt. Wenn die gute Freundin jetzt die Suchmaschine ihrer Wahl bemüht, erfährt sie schnell: „Coach“ ist in Deut...

Die besten Kontersprüche – oder doch Kommunikation auf Augenhöhe?

Feiertag, früher Morgen. Vor mir steht ein heißer Kaffee, die Wohnung atmet noch Stille: Katze und Ehemann schlafen, ich habe Zeit für mich. Ich surfe durch die Weiten des Internets, lese Berichte nach, die mich schon länger interessieren – Recherche und Weiterbildung sind ja wichtig. Plötzlich springt mir in fetter Schrift ein Vorschlag entgegen: .webinar# – Lerne, wie du jeden Spruch souverän konterst. Klingt zunächst nicht uninteressant. Ich klicke. Eine vermeintliche „Trainerin für Kommunikation“ lächelt mir von der Seite entgegen, flankiert von großen Versprechen: vier Sätze, um „manipulative Menschen außer Gefecht zu setzen“, Konter, „die jeden sprachlos machen“. Ich scrolle und scrolle, der Text ist lang. Endlich erreiche ich die angekündigten Zaubersätze. Dort steht zum Beispiel: „Du bist zu sensibel.“ – „Nein, ich nehme wahr, was du verdrängst.“ Oder: „Du hast dich verändert.“ – „Richtig, das nennt sich Weiterentwicklung.“ Ein anderer Vorschlag lautet: „Danke für deine Meinun...

Welche Werte sind dir wichtig? Ein Perspektivwechsel, der Klarheit schafft

Die meisten Menschen zucken zusammen, wenn sie über die eigenen Werte schreiben sollen: „Klingt nach Eigenlob, nach Selbstbeweihräucherung…“ Verständlich. Deshalb nutzen wir im Coaching einen kleinen Trick – inspiriert u. a. von dem australischen Psychologen Russ Harris: Stell dir vor, dein bester Freund / deine beste Freundin und/oder dein Partner / deine Partnerin wird von einem Fernsehteam interviewt und der Beitrag läuft landesweit. Was würdest du gern hören, was sie über dich sagen? Plötzlich sprichst du nicht mehr über dich, sondern Menschen, die dich kennen, über das, was ihnen an dir wichtig ist. Das nimmt den Druck raus und macht Werte konkret. Warum das funktioniert? Fremdperspektive statt Eigenlob: Du schaust durch die Augen derer, die dir nah sind. Vom Etikett zum Verhalten: Aus „Ich bin fair“ wird „Sie hört in Konflikten beide Seiten an – auch unter Zeitdruck.“ Werte ≠ Ziele: Werte sind die Richtung (Kompass), keine Meilensteine. Sie gelten auch dann, wenn niemand zu...