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Es werden Posts vom Juli, 2025 angezeigt.

Was kommuniziere ich, wenn ich einfach mal nichts sage? Von der Kunst, Stille sprechen zu lassen.

Sie saßen nebeneinander auf der kleinen Holzbank vor dem Grab. Vater und Tochter. Er mit wettergegerbtem Gesicht, die Hände gefaltet, die Mütze auf dem Knie. Sie mit geröteten Augen und einer Thermoskanne, aus der sie zwei kleine Becher Tee einschenkte. Sie sprachen nicht. Kein Wort über die Beerdigung. Kein Wort über die Mutter. Kein „Wie geht es dir?“ Nur der Tee, das leise Gluckern beim Eingießen, ein kurzes Nicken. Als sie aufstand, strich sie ihm kurz über den Rücken. Er sagte: „Danke.“ Das war alles. Und doch war alles gesagt. Stille ist keine Leerstelle in der Kommunikation, sie ist eine aktive Form des Ausdrucks. Wer schweigt, sagt nicht zwingend nichts. Schweigen kann Anteilnahme ausdrücken, ohne Worte zu bemühen, die doch nicht reichen würden. Schweigen kann Abgrenzung signalisieren, wo Worte nichts bewirken würden. Schweigen kann Raum geben, damit Gefühle sich sortieren können. Schweigen kann Druck nehmen, wo Gespräche zu viel verlangen. In einer Welt, in der ständige Rea...

"Sitz! Platz! Aus!" Kommunikationsmuster mit tierischen Weggefährten.

Was die Wahl unseres Haustieres über uns verrät: Samstag im Stadtpark. Ein Mann in Designerjacke läuft mit einem perfekt frisierten Großpudel an der Leine. Gekonnt bewegt sich das Duo im Gleichschritt, als würde Karl Lagerfelds Geist mitjoggen. Ein paar Meter weiter kommt ein Typ mit Jogginghose, Undercut und zerkauter Hundeleine um den Hals, geführt von einem breitschultrigen, sabbernden American Bully. Die beiden Männer begegnen sich, nicken sich freundlich-distanziert zu, sagen aber nichts. Der Pudelmann schaut auf den Bully. Der Bullymann auf den Pudel. Und beide denken vermutlich das Gleiche: „Typisch.“ Was sagt unser Haustier über uns aus? Mehr als wir glauben. Denn die Wahl unseres tierischen Begleiters ist nicht nur eine Frage des Fells oder der Futtergewohnheiten, sie ist Kommunikation in Reinform. Wir projizieren, spiegeln, kompensieren oder unterstreichen durch unsere Tiere Eigenschaften, die wir: an uns selbst mögen, gern hätten, oder die wir im Alltag zu w...

„Was klebst du dir da eigentlich auf die Karre?“

Was wir wirklich sagen, wenn wir Aufkleber auf Auto, Helm oder Fahrrad anbringen Vorhin an der Ampel: Ein kleiner, zerkratzter Polo mit mattem Lack vor mir. Hinten drauf ein wilder Mix aus Weltanschauung und Freizeitverhalten: „Atomkraft? Nein danke“ neben „Lieber nackt als Pelz“, darunter ein „Ein Herz für Kinder“, eingerahmt von „Waldorfschule“ und „Ich war auf dem Watzmann“. Dazwischen schielt ein Aufkleber: „Ich bremse auch für Dich.“ Ich fahre rechts vorbei, neugierig geworden. Am Steuer sitzt ein älterer Herr mit Basecap, Nickelbrille, und einem Papagei auf dem Beifahrersitz. Kein Scherz. Er sieht mich, nickt, grinst. Ich nicke zurück. Ich weiß nicht, wie er heißt, was er beruflich macht oder welche Musik er hört. Aber irgendwie… weiß ich doch eine ganze Menge. Was kommunizieren wir mit Aufklebern? Aufkleber sind Mini-Botschaften. Sie kleben an Dingen, aber sprechen für Menschen. Ob Auto, Lastenrad, Helm oder Gitarrenkoffer: Wer etwas sichtbar anklebt, der möchte gesehen, ge...

"Bin ganz bei dir – warte kurz, nur noch diese Nachricht ..."

Was wir wirklich kommunizieren, wenn wir im Gespräch ständig aufs Handy schauen: Samstag beim Lieblings-Italiener. Ein junges Paar sitzt am Nebentisch. Der Kellner bringt die Pizza. Sie sagt: „Danke, sieht super aus.“ Er nickt, aber schaut auf sein Handy. Sie beginnt zu essen. Er tippt noch. Sie: „Ich wollte dir was erzählen.“ Er: „Mhm. Warte. Nur kurz. Der Kollege hat was in die Gruppe geschrieben.“ Sie schiebt die Pizza beiseite. Er lacht auf. Aber nicht über ihren Witz. Das Gespräch ist zu Ende, bevor es begonnen hat. Und die Pizza? Wird kalt. Wie das Gesprächsklima. Was passiert da eigentlich? Ständiges auf-das-Handy-Schauen in einem Gespräch ist mehr als eine schlechte Angewohnheit, es ist eine körperliche Botschaft. Eine Kommunikation über den eigenen Körper, die sagt: "Ich bin nicht ganz da." "Du bist gerade nicht meine erste Priorität." "Etwas anderes ist spannender als du." Natürlich ist das selten böse gemeint. Die digitale Welt ...

"Ich will ja nichts sagen, aber …" – Was steckt dahinter?

Neulich auf einem Familiengeburtstag, Namen der beteiligten Personen geändert, Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig. Kaffee, Kuchen, Kerzen, und der übliche Wahnsinn. Lisa wird heute 17. Neues Kleid, neues Haarstyling, 1 Stunde Schminken. Tante Ruth beugt sich zu ihrer Nichte vor und sagt, mit dem Blick auf deren neue Frisur: „Ich will ja nichts sagen, aber mit Pony sieht man halt schnell kindlich aus.“ Stille. Lisa lächelt gezwungen. Der Onkel fragt, ob noch Käsekuchen da ist. Später wird Lisa sagen: „Warum muss sie das immer machen? Tut so, als wär es harmlos – und dann trifft es ins Herz.“ Was steckt hinter „Ich will ja nichts sagen, aber …“? Dieser Satz gehört zur Familie der verkleideten Kommentare. Er klingt wie ein Rückzieher – ist aber oft ein Vorbote eines verbalen Nadelstichs. Was folgt, ist fast nie neutral, sondern: eine verdeckte Kritik, eine Belehrung mit Sicherheitsabstand, oder ein Kommentar mit eingebautem Fallschirm: „Falls du dich a...

Ratschläge sind auch Schläge! Was kommuniziere ich, wenn ich ungefragt Ratschläge gebe?

Gestern im Elektrofachmarkt, ich suche Batterien für meine Fernbedienung. Ein Mann um die 40 steht vor der Wand mit den neuen Ultra-Wasweißich-HD-Fernsehern. Neben ihm eine ältere Dame, konzentriert auf ein Modell im mittleren Preissegment blickend, Zettel in der Hand. Sie mustert die Preisschilder, tippt unsicher auf die Fernbedienung. Da beugt sich der Mann leicht zu ihr rüber und sagt laut genug für die halbe Abteilung: „Also den hier würd ich nicht nehmen – viel zu kleiner Kontrastwert, und das Smart-TV-System ist Mist. Ich erklär Ihnen kurz, worauf Sie achten müssen.“ Die Frau lächelt höflich, lässt die technischen Erklärungen über sich ergehen, murmelt etwas Unverständliches und nimmt dann, man kann es kaum glauben, genau diesen Fernseher. Der Mann schüttelt unmerklich den Kopf. Sie lächelt. Vielleicht, weil sie den ersten Fernseher ihres Lebens kauft. Vielleicht, weil sie keine Lust hat, sich belehren zu lassen, wie ihr verstorbener Mann das immer getan hat. Vielleicht, weil de...

"Goldprägung oder Zettelwirtschaft – Was sagt deine Visitenkarte über dich aus?"

Neulich auf einem Netzwerktreffen. Ich, wie immer mit einer kleinen Schachtel frischer Visitenkarten in der Tasche, schlicht, klar, seriös. Kommt ein junger Mann auf mich zu, stellt sich vor und sagt: „Ich mach alles, was mit Medien zu tun hat.“ Ich: „Oh, interessant! Haben Sie eine Karte?“ Er zieht ein kleines Papierviereck aus dem Portemonnaie, handgeschnitten, mit Kugelschreiber beschriftet: "Tom. Insta: tommedialifestyle" Darunter ein kleiner Smiley. Und ein Fleck. Ich hoffe auf Kaffee. Später spricht mich ein Herr an, stylischer Anzug, Bluetooth-Anhänger an der Jacke. Er hält sein Smartphone in die Luft: „Einmal antippen, und du hast alle meine Daten. Inklusive Link zu meinem Podcast.“ Ich tippe. Mein Handy brummt. Instagram, LinkedIn, Spotify, WhatsApp und ein Kalenderlink springen mich an. Ich sage freundlich: „Das ist... viel.“ Er grinst: „So bin ich eben.“ Visitenkarten sind Kommunikationsmittel. Ob aus dickem Hammerschlag-Karton mit Goldschrift oder schnell auf de...

Willst Du meine Frau werden? Öffentlicher Antrag = Öffentliche Erwartung?

Neulich im Biergarten. Zwei Tische weiter: eine Männergruppe mit Damenbegleitung, Fußballtrikots, Applaus und Bierkrüge. Plötzlich Stille. Einer steht auf, schwenkt sein Handy zur Kamera, sinkt auf die Knie, aber nicht etwa für einen Handstand oder ein Schnitzel, sondern… für DEN Moment. Die Frau, sichtlich überrascht, hält gerade eine Brezel in der Hand, als er sie fragt: „Willst du meine Frau werden?“ Was folgt, ist typisch: Raunen, Gekicher, Applaus. Und ein sehr, sehr zögerliches „…ja“. Ob aus Liebe oder aus gesellschaftlichem Druck, sei dahingestellt. Die Frage aller Fragen. Ein Heiratsantrag ist ein Kommunikationsakt mit außergewöhnlicher Tiefenwirkung. Und wenn er auf einer Bühne stattfindet, sei es in der Halbzeitpause im Stadion, im Restaurant oder auf Instagram, dann geht es nicht nur um Zuneigung. Sondern auch um: Inszenierung Symbolwirkung Selbstdarstellung und – leider oft – Druck Denn: Wer öffentlich fragt, nimmt dem anderen den Raum für ein ehrlich...

Motoren, Mythen, Missverständnisse – Kommunikation auf vier Rädern

Einmal im Jahr wird es laut auf dem Autohof in Kirchberg an der Jagst, nicht, weil jemand streitet, sondern weil V8-Motoren röhren, Blinker im Takt von Elvis tanzen und Lackierungen glänzen wie die Erinnerungen an bessere Zeiten. Heute ist es wieder soweit: Das US-Car-Treffen der US-Car-Freunde Schwäbisch Hall ist ein Spektakel für die Sinne, und ein faszinierender Schauplatz gelebter Kommunikation. Denn ja, auch Autos sprechen. Nicht mit Hupen (obwohl, manchmal auch…), sondern mit Haltung, Stil, Sound und Farbe. Der, der mit seinem chromblitzenden Cadillac langsam über den Platz rollt, kommuniziert etwas ganz anderes als die Fahrerin des giftgrünen Dodge Charger, die ihre Burnouts mit einem Grinsen unter der Sonnenbrille quittiert, nach dem Motto, man muss auch mal etwas Verbotenes tun. Und wir? Wir interpretieren. Wir bewerten. Wir projizieren. Wir sehen keine Fahrzeuge – wir sehen Aussagen: – „Der will auffallen.“ – „Die hängt an alten Zeiten.“ – „Warum braucht man so ein Auto?“ –...

"Du musst da unbedingt hin!" – Was Empfehlungen wirklich sagen

Gestern an der Supermarktkasse. Vor mir zwei Damen, etwa Mitte 50, voller Vorfreude auf das anstehende Wochenende. Sagt die eine zur anderen: „Du musst UNBEDINGT mal ins ‚La Taverna‘ gehen. Die haben da die beste Lasagne der Welt!“ Die andere nickt zögerlich: „Ich bin ja eigentlich eher so Team Sushi ...“ Kurze Pause. Dann: „Ach, das liegt bestimmt daran, dass du noch nie eine echte und gute Lasagne gegessen hast.“ Zack. Gut gemeinte Empfehlung? Oder versteckter Angriff auf den Geschmack der Freundin? Was steckt in einer Empfehlung? Empfehlungen sind auf den ersten Blick freundliche Hinweise: „Ich will dir was Gutes tun.“ So scheint die Botschaft. Aber unterschwellig mitschwingen kann auch: „Ich weiß, was gut ist.“ „Wenn du das nicht magst, bist du nicht ganz auf der Höhe.“ „Ich habe einen guten Geschmack, vielleicht einen besseren als du?“ Unsere Tipps sagen also viel über uns selbst, und gar nicht unbedingt über das, was dem anderen gut tun würde. Woher sollen wir d...

Zwei Puppen, ein Gespräch – und die Kunst, sich auf Kommunikation einzulassen

Was inspiriert uns eigentlich dazu, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen? Manchmal ist es die Notwendigkeit, manchmal die Neugier, und manchmal eine Announce bei eBay Kleinanzeigen. So geschehen heute an diesem ganz normalen Arbeitstag. Zwischen Mails, Telefonterminen und anderen Aufgaben entdeckten wir zufällig eine Anzeige: „Zwei Marionetten suchen ein neues Zuhause.“ Kurzes Innehalten. Marionetten? In unserer Stadt? Das Bauchgefühl sagte uns: Das ist kein Zufall. Das ist ein Gespräch in Verkleidung. Also kurzerhand den Anbieter angeschrieben, freundlich, interessiert, mit einem kleinen Schuss Ironie: „Haben die beiden Puppen bereits Namen, oder können wir sie neu taufen?“ Und siehe da: Eine herzerwärmende Konversation entstand. Über Theater, Flohmärkte, über das Basteln, Sammeln und – ganz selbstverständlich – über das Reden. Wir legten eine Arbeitspause ein, fuhren los, „retteten“ die beiden Puppen und trafen auf einen Verkäufer, der nicht nur ein Herz für Marionetten hatte,...

Kommunikation zwischen Generationen – Wenn Opa TikTok, YouTube und Co. erobert

„Was ist denn ein Reel? Ist das was zum Angeln?“ Fragt Opa, während er die Brille zurechtrückt und versucht, auf dem Smartphone den kleinen Pfeil unten links zu drücken. „Nein Opa, Reels sind kurze Videos. Auf Instagram.“ „Aha. Und das ist wie Fernsehen, nur schneller?“ „So ungefähr…“ Und schon sind wir mitten in einer typischen Szene der generationenübergreifenden Kommunikation, irgendwo zwischen Kopfschütteln, Schmunzeln und echtem Bemühen. Wenn Welten aufeinandertreffen und sich neugierig annähern: Die digitale Welt ist heute so selbstverständlich wie der Kaffeefilter früher. Für viele junge Menschen ist „Swipen“ keine Handbewegung, sondern Lebensrhythmus. Für manche Ältere bleibt das Smartphone ein Buch mit sieben Siegeln, für manche, wohlgemerkt ! Denn: Vorsicht vor Schubladendenken! Nicht jede Person über 70 verzweifelt an Technik, viele sind digital fitter als die eigene Enkelgeneration. Und nicht jeder unter 25 hat ständig das Handy in der Hand oder kennt sich damit aus. Genera...

Mein Handy – Dein Handy? Warum eine neue PIN?

Neulich im Lieblingscafé beim Frühstück: Zweierlei Croissants, ein Milchcafe, die Zeitung halb gelesen – und beste Unterhaltung des Paares am Nebentisch. Nicht, dass wir absichtlich lauschen wollten. Aber ihr kennt das: Wenn jemand drei Dezibel über Normal spricht, wird man nun mal Zuhörer wider Willen. Er: „Sag mal, warum hast du eigentlich eine neue PIN?“ Sie: „Hab ich gar nicht. Also, schon. Aber nur, weil die alte PIN irgendwie … weg war.“ Er (mit schiefem Lächeln): „Aha. Und was willst du mir damit sagen?“ Danach wurde es leiser, aber die Körpersprache sprach Bände. Sie rückte das Handy näher an sich. Er verdrehte die Augen. Beide rührten wortlos in ihren Getränken. Kommunikation? Sehr deutlich nonverbal. Wertschätzung? Fehlanzeige. Dabei ging es offensichtlich gar nicht ums Handy. Sondern um Vertrauen, um Nähe, und um Grenzen. Das Handy als stiller Konfliktauslöser: Das Smartphone ist heute mehr als ein Gerät. Es ist Tagebuch, Kalender, Messenger, Safe, Fotobox, Kompass, Gedächtn...

Kommunikation im Stau – Stillstand mit Zwischenmenschlichkeit füllen!

Eine wahre Begebenheit: Gestern, 11.07.2025, 18.35 Uhr, A6: Eigentlich wollten wir nur schön essen gehen. Nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag – Ihr kennt das sicher – eine kleine Belohnung für Körper und Seele. Ein nettes Restaurant, 14 Minuten Fahrt, kein Problem. Dachten wir. Kaum auf der Autobahn, Zack! – Stillstand. Blaulicht in der Ferne. Unfall. Schwer. Helikopter, volles Programm. Ein Segen, dass wir nicht betroffen warem. Die nächste Abfahrt, die auch unsere gewesen wäre, in Sichtweite – aber unerreichbar. Nichts ging mehr. Nicht für eine Viertelstunde. Nicht für eine Stunde. Drei Stunden Stillstand. Kein Handyempfang. Kein Entkommen. Kein Abendessen. Und doch: Wir hatten Glück. Denn ich saß nicht allein da. Ich saß neben meinem Lieblingsmenschen. Wir konnten reden, lachen, schweigen – einfach beieinander sein. Der Blick durch die Autoscheiben offenbarte ein ganz anderes Bild: Ein Autofahrer trommelte nervös aufs Lenkrad – alleine, ungeduldig, ratlos. Ein andere...

Am Ende des Tages … eine kleine Verhandlung mit mir selbst

Am Ende des Tages … Ein Satz, der so endgültig klingt. Nach Zähneputzen, Pyjama und Licht aus. Nach einem vollen Tag, der nicht mehr rückgängig zu machen ist. Und doch steckt in diesem Satz auch eine Chance, die Möglichkeit zur kleinen, stillen Kommunikation mit uns selbst. Ich zum Beispiel hatte gestern so einen „Ende des Tages“-Moment: Ich saß auf dem Sofa, einen halb leeren Kaffeebecher in der Hand, die Brille leicht schief auf der Nase, und überlegte: War das heute ein guter Tag? Und da passierte es, mein innerer Kritiker meldete sich zuerst: „Du hast wieder nicht alle Mails beantwortet. Die Druckerpatronenbestellung steht noch aus, und Kunden warten auf Terminbestätigungen. Und das mit dem Mittagessen war auch eher funktional.“ Ich seufzte. Aber dann meldete sich eine andere Stimme, nennen wir sie mal die innere Cheerleaderin: „Aber hey, du hast deiner Kollegin zugehört, obwohl du gestresst warst. Du hast gelacht – ehrlich gelacht! – als der Kaffee übergelaufen ist. S...

Urlaub – die schönste Zeit des Jahres? Wenn Nähe plötzlich Programm ist.

Der Urlaub steht an, wie sagt man so schön: „Die Frau sagt, wohin es geht. Der Chef sagt, wann. Die Bank sagt, wie lange.“ Willkommen in der Urlaubsrealität. Neulich in Italien, irgendwo zwischen Florenz und dem dritten Espresso. Ich sitze auf dem Balkon unseres Ferienapartments und beobachte ein Paar beim klassischen Urlaubsdisput. Sie: „Ich habe dir doch gestern schon gesagt, dass wir um spätestens 10 Uhr vor dem Museum sein müssen!“ – Er: „Ich dachte, wir machen heute einfach mal gar nichts…“ – Beide: Sonnenbrand, Grundspannung, unausgesprochene Erwartungen. Ein klassischer Fall von Kommunikation auf Reisen. Urlaub – ein Stresstest für Paare? Zu Hause sehen sich viele Paare werktags nur abends kurz. Jeder hat seinen Rhythmus, Rückzugsorte, Alltagsroutinen. Und dann: Urlaub. Plötzlich 24/7 gemeinsam – auf engem Raum, mit fremder Sprache und fremder Umgebung, anderer Zeitzone und ohne W-LAN. Wer jetzt nicht kommunikativ gut aufgestellt ist, riskiert ein All-Inclusive-Chaos. D...

Yes. I really do need all these cars. – Zwischen Status, Leidenschaft und Klimadiskussion

Neulich an der Tankstelle. Ich war gerade dabei, den V8 meiner Corvette zu betanken – ein Auto, das nicht leise um Aufmerksamkeit bittet. Neben mir ein älterer Herr mit Hybridfahrzeug, dezent, sachlich, effizient. Er mustert mein Auto, dann mich. Schließlich sagt er: „Sie haben bestimmt noch mehr von diesen… Dingern, oder?“ Ich nicke. Er lächelt spitz und murmelt: „Muss man sich auch leisten können – ökologisch wie finanziell.“ Ich zucke innerlich mit den Schultern. Ja, ich habe mehrere Autos. Und ja – ich liebe sie. Vom Cadillac bis zur S-Klasse, jedes hat seinen Platz in meinem Leben. Auf dem Heck meines Pick-Up klebt ein Aufkleber: Yes. I really do need all these cars. Eine ironische Spitze? Eine offene Provokation? Oder einfach ein augenzwinkerndes Bekenntnis zu einem unvernünftigen Hobby? Was kommuniziere ich damit? Ganz gleich, ob beabsichtigt oder nicht – jeder, der so ein Statement öffentlich fährt, kommuniziert. Und zwar laut. Der eine hört: „Ich kann es mir leisten.“ Die and...

Die goldene Rolex – Statussymbol oder Peinlichkeit?

Klaus, König der Kö. Wer sich auf „Social-Media“ herumtreibt und ein Faible für Luxusuhren hat, ist vermutlich schon über ihn gestolpert: Klaus, der schillernde Uhrenhändler aus Düsseldorf. Im Stundentakt präsentiert er auf Instagram, TikTok und Co. glänzende Chronometer mit Preisschildern jenseits der 50.000-Euro-Marke. „Best Price in Europe!“ versichert er charmant und glaubhaft in die Kamera. Und offenbar gibt es sie: Die Käufer. Aber wer kauft so etwas? Und vor allem: Was kommuniziert man eigentlich, wenn man eine solche Uhr trägt? Was sagt deine Uhr über dich? Ob du willst oder nicht – Du kommunizierst. Immer. Auch, wenn du nichts sagst. Das fängt bei der Kleidung an und hört beim Handgelenk noch lange nicht auf. Die Uhr am Arm ist mehr als ein Zeitmesser. Sie ist Statement, Stilfrage, Statussymbol – oder manchmal auch einfach ein peinlicher Fehlgriff. Die Käufer von Luxusuhren sind so unterschiedlich wie ein Adventskalender mit Überraschungsfunktion: Der Lude von gestern, der he...

Ich sehe was, was du nicht siehst... Sind wir auf dem gleichen Weg?

Ein morgendlicher Spaziergang: Lisa und Marie sind Nachbarinnen. Nicht nur das: Sie sind auch Freundinnen. Reden gern, lachen viel, tauschen sich aus, mal am Gartenzaun, mal bei einem Gläschen Aperol, und gelegentlich bei einem ausgedehnten Spaziergang. Bewegung, Natur und ein Schwätzle – das tut gut. Eines Morgens sind sie wieder unterwegs, der Weg führt durch Felder, die Luft ist noch frisch, der Tag liegt jung und unverbraucht vor ihnen. Lisa bleibt plötzlich stehen, schaut, staunt, lächelt. „Marie, sieh nur! Dieses satte Rot vom Klatschmohn, dahinter das goldene Leuchten der fast reifen Ähren – eine Farbsymphonie!“ Marie hebt den Blick von ihren Schuhen, runzelt die Stirn. „Hm. Der Mohn hängt schon. Und der Weizen hat beim letzten Sturm ordentlich was abbekommen-“ Lisa atmet tief ein, genießt die Stimmung, nimmt den Nebel am Horizont wahr, wie er sich langsam hebt. Sonnenstrahlen durchbrechen die Schwaden, ein neuer Tag beginnt, für sie ein kleines Wunder. Marie hingegen mahnt...

Lächeln – Kommunikation mit Gesichtsmuskeln

„Ein Lächeln sagt mehr als tausend Worte“, heißt es. Aber was, wenn die Worte „Schön, Sie zu sehen!“ lauten, und das Lächeln dazu so frostig wirkt wie ein Kühlschrank auf Stufe 5? Mimik ist mächtig. Sie kann verstärken, untergraben, entlarven oder bezaubern. Ein Lächeln kann ehrlich sein – oder auch ein diplomatischer Rettungsanker, ein Schutzschild oder eine charmante Irreführung. Zum Thema fällt mir eine irritierende Begegnung ein: Ein Montagmorgen. Ich verlasse gerade das Haus, etwas verschlafen, mit Kaffeebecher in der einen und Tasche in der anderen Hand. Auf der Straße begegnet mir die Nachbarin aus dem Haus nebenan. Sie lächelt, breit, auffällig und… irgendwie seltsam. „Na, ausgeschlafen?“ fragt sie. Ich antworte: „Geht so.“ Und erwidere das Lächeln, leicht verwirrt. Erst später fällt mir ein: Ich hatte letzte Woche fast aus Versehen ihre Papiertonne mitbenutzt, weil meine voll war. Jetzt frage ich mich: War das ein echtes Lächeln? Oder die Vorstufe zur passiv-aggressiven ...

„Wie geht es dir?“ – Herzensfrage oder höfliche Floskel?

Eine Alltagsbegegnung mit Tiefe – oder auch nicht. Gestern im Supermarkt. Zwischen Biogurken und Sonderangeboten trifft Annabelle zufällig ihre frühere Kollegin Simone. Beide greifen gleichzeitig nach dem letzten Glas griechische Oliven mit Knoblauch. Beide strahlen. Annabelle: „Na Simone! Mensch – wie geht’s dir?“ Simone: „Gut, danke! Und dir?“ Annabelle: „Auch, danke!“ Pause. Beide lachen. Dann schauen sie sich kurz an. Simone: „Also eigentlich... ist gerade alles ein bisschen viel.“ Annabelle: „Oh? Willst du kurz erzählen? Ich habe noch zehn Minuten. Oder lieber ein andermal?“ Wow! Was eben noch nach Einkaufsfloskel klang, wird plötzlich zum möglichen Türöffner für ein Gespräch mit echtem Inhalt und Tiefgang. Aber was ist „Wie geht es dir?“ denn nun – eine echte Frage oder nur eine Höflichkeitsfloskel zwischen Tür und Kühlregal? Für die Floskel-These spricht: Ein „Ja, wie geht es?“ ist oft nicht ernst gemeint. Wir benutzen die Formulierung oft wie ein sprachliches „Hallo Plus“. Im B...

Händeschütteln – Geste mit Geschichte oder überholte Floskel?

Ein Hochzeitsbesuch mit Kommunikationspotenzial Neulich auf einer Hochzeit. Fröhliche Stimmung, Gläserklirren, Rosenblüten im Haar – alles war bereitet für einen wundervollen Tag. Es war die Art von Feier, bei der man sich fragt: „Kenne ich den eigentlich auch noch von früher oder ist das jetzt Schwippschwager vierten Grades?“ Und dann geschah es: Der Vater der Braut – ein Herr mit imposantem Schnurrbart, goldbesticktem Jackett und der Ausstrahlung eines ehrenvollen Altbürgermeisters – steuerte zielsicher auf den Tisch der "Gegenfamilie" zu. Ein junger Verwandter, vielleicht ein Cousin des Bräutigams, erhob sich freundlich. Der Vater der Braut streckte die Hand entgegen – fest, erwartungsvoll, ritualisiert. Doch der junge Mann zögerte. Er lächelte höflich, nickte, machte eine angedeutete Bewegung mit der Hand auf der Brust – kein Handschlag. Ein Sekundenmoment mit Spannkraft. Die Brauen des Vaters der Braut wanderten in die Höhe. Nicht empört – eher überrascht. Ein stilles Fr...

Erzähl doch keine Märchen! Wie uns Frösche, Unken und Seerosen helfen, anders zu denken.

Ich erzähl euch jetzt erst mal ein Märchen: Die Froschprinzessin vom Glitzerspiegelteich Eine Liebesgeschichte mit Sprungkraft Es war einmal am Glitzerspiegelteich, da lebte die junge, hübsche Froschprinzessin Quendoline Glimmerbein. Ihr Papa war niemand Geringerer als König Kröthar der Strenge, ein ehrenhafter, aber sehr... nun ja, knurriger Frosch mit ausgeprägtem Ordnungssinn. Quendoline aber war lebhaft, klug – und ein bisschen keck. Sie träumte von Freiheit, Liebe und großen Sprüngen ins Unbekannte. Am Nachbarteich, an dem schönen Schlammperlschlösschen, lebte der junge, freche Froschprinz Flippo Quakbold, bekannt für seine besonders weiten Sprünge, seine Sonnenbrille und – man munkelte – seine grüne Vespa mit Blattaufklebern. Quendoline und Flippo trafen sich heimlich auf Seerosenblättern, lachten, quakten sich Liebesgedichte zu und schlürften gemeinsam Libellencocktails. Sie hielten das geheim. Und doch: König Kröthar war darüber nicht erfreut, schließlich war seine Tochter ein...